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MAINZ//2011: 56. GMDS-Jahrestagung und 6. DGEpi-Jahrestagung

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V.
Deutsche Gesellschaft für Epidemiologie e. V.

26. - 29.09.2011 in Mainz

Viscerale Leishmaniose auf dem Indischen Subkontinent: Mathematische Modellierung von Epidemiologie and Bekämpfung

Meeting Abstract

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  • Anette Stauch - Universität Tübingen, Tübingen
  • Hans-Peter Dürr - Universität Tübingen, Tübingen

Mainz//2011. 56. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (gmds), 6. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Epidemiologie (DGEpi). Mainz, 26.-29.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11gmds175

doi: 10.3205/11gmds175, urn:nbn:de:0183-11gmds1751

Veröffentlicht: 20. September 2011

© 2011 Stauch et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Auf dem Indischen Subkontinent stehen etwa 200 Millionen Menschen unter Risiko, an Visceraler Leishmaniose (VL) zu erkranken. VL ist eine lebensbedrohende Krankheit, die dort durch den einzelligen Flagellaten Leishmania donovani verursacht und durch Sandmücken der Gattung Phlebotomus übertragenen wird. Indien, Nepal und Bangladesh haben 2005 ein regionales Eliminationsprogramm verabschiedet mit dem Ziel, bis 2015 die jährliche Inzidenz von VL auf weniger als 1 Fall pro 10,000 Menschen zu reduzieren. Hierfür werden effektive Interventionsmaßnahmen benötigt. Es wurde ein mathematisches Modell für den Krankheitsverlauf und die Übertragung der Infektion entwickelt. Das Modell wurde benutzt, um den Effekt der, im Eliminationsprogramm empfohlenen, Interventionsmaßnahmen zu untersuchen.

Methode: Der zeitliche Verlauf der Leishmania Übertragung zwischen Vektor und Wirt wurde durch ein System von Differentialgleichungen beschrieben. Als Basis dient das sog. SIR Model mit suszeptiblen (S), infektösen (I) und immunen (I) Stadien, das auf fünf, für den Krankheitsverlauf relevanten Kombinationen aus diagnostischen Testergebnissen angepasst wurde. Die Modellparameter wurden aus Daten einer populationsbezogenen Interventionsstudie in Indien und Nepal (KalaNet) geschätzt und durch Angaben aus der Literatur ergänzt.

Ergebnisse: Es zeigt sich, dass die Übertragungsdynamik von Leishmania donovani eher langsam ist, bedingt durch eine lange Inkubationszeit und eine potentiell lange Persistenz der Parasiten im Menschen. Zelluläre Immunität hält im Mittel etwa ein Jahr an und Neuinfektionen finden in Abständen von etwa zwei Jahren statt. Die Anpassung des Modells an Daten lässt vermuten, dass die Übertragung von L. donovani hauptsächlich durch asymptomatisch infizierte Wirte erfolgt. Eine medikamentöse Behandlung von symptomatisch erkrankten Patienten kann die Inzidenz von VL daher nur unwesentlich verringern; sie erreicht mit den symptomatisch Erkrankten nur einen sehr kleinen Teil aller Infizierten. Den Modellvorhersagen zufolge erscheint demgegenüber eine Bekämpfung der Überträgermücken sehr viel Erfolg versprechender, weil die für Elimination notwendigen Schwellenwerte für VL erreichbar erscheinen.

Schlussfolgerungen: Die Behandlung von VL Patienten ist für den einzelnen Patienten notwendig, sie kann aber, im Gegensatz zur Vektorkontrolle, die Übertragung der Leishmanien nur unwesentlich reduzieren. Um VL erfolgreich zu bekämpfen, sollte daher der Bekämpfung von Vektoren mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden. Auch müssen diese Interventionen lange genug durchgeführt werden um zu verhindern, dass die zum Teil über Jahre im Menschen persistierenden Infektionen einen neuen Ausbruch der Krankheit bewirken.


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