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Kongress Medizin und Gesellschaft 2007

17. bis 21.09.2007, Augsburg

Der Arzt als Wächter der Volksgesundheit – Gesellschafts- und Professionsverständnis deutscher und französischer Ärzte vor und im Ersten Weltkrieg

Meeting Abstract

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  • Susanne Michl - Institut für Ethik und Geschichte der Medizin, Tübingen

Kongress Medizin und Gesellschaft 2007. Augsburg, 17.-21.09.2007. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2007. Doc07gmds872

Die elektronische Version dieses Artikels ist vollständig und ist verfügbar unter: http://www.egms.de/de/meetings/gmds2007/07gmds872.shtml

Veröffentlicht: 6. September 2007

© 2007 Michl.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Kulturelle Besonderheiten prägen entscheidend die medikale Kultur von Patienten und Ärzten. Ein vergleichender Blick auf die historischen Entwicklungslinien zweier nationaler Gesundheitssysteme kann deswegen auch in der aktuellen Reformdiskussion lohnen. Im deutsch-französischen Vergleich soll nach nationalen Spezifika, aber auch nach grenzübergreifenden Faktoren in der Herausbildung kontrollierender und fürsorglicher Aspekte des öffentlichen Gesundheitsdienstes gefragt werden.

Material und Methoden: Grundlage der Untersuchung bildet die Analyse der medizinischen Fachpresse für die Jahre 1914 bis 1918 mit Stichproben jeweils in der Vor- und Nachkriegszeit sowie die Auswertung vorliegender Sekundärliteratur. Im ersten Teil werden die französische und die deutsche Ärzteschaft in ihren jeweiligen Gesundheitssystemen des 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts verortet. Beide Ärzteschaften eigneten sich ein Selbstverständnis als „Wächter der Volksgesundheit“ an. Die strukturellen Rahmenbedingungen, die ihnen zur Verfügung standen, sowie ihr Aktionsradius im öffentlichen Raum waren jedoch höchst unterschiedlich.

Im zweiten Teil wird die Bedeutung des Ersten Weltkriegs für das ärztliche Professionsverständnis erörtert. Ärzte traten im Krieg als die Körper- und Gesundheitsexperten auf, welche die kriegswichtige „Ressource Mensch“ optimal ausschöpfen wollten und Therapien zur Regeneration des „Volkskörpers“ vorschlugen. Der Krieg schuf somit professionsspezifische Gestaltungspotenziale sowie neue Kontrollmöglichkeiten über Männer- und Frauenkörper. Der Beitrag erörtert, welche Kompetenzen sich Zivilärzte innerhalb militärischer Strukturen zuschrieben und wie sich die Militarisierung der Ärzte, der Medizin und der Patienten auf das Selbstverständnis der Ärzte auswirkte.

Ergebnisse: Der Vergleich zwischen der deutschen und der französischen Ärzteschaft legt etliche Unterschiede im Professions- und Gesellschaftsverständnis offen. In Deutschland fügte sich das zivile Professionsverständnis bruchlos in die neuen Kriegsbedingungen ein, so wie Ärzte den Übergang von einer Zivil- in eine Kriegsgesellschaft ohne Schwierigkeiten mitvollzogen. In Frankreich wies der Krieg den Zivilarzt viel eher in seine Schranken, als dass er professionsspezifische Gestaltungsmöglichkeiten freisetzte.

AG „Geschichte von Sozialhygiene, Sozialmedizin und Public Health“ der Deutschen Gesellschaft für Sozialmedizin und Prävention (DGSMP)

Thema: Der öffentliche Gesundheitsdienst zwischen Kontrolle und Unterstützung