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Machbarkeitsstudie: Evaluation computergestützter Arzneimittelprüfung zur Allokation von Fehlkosten mittels Terminologieserver
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Veröffentlicht: | 1. September 2006 |
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Gliederung
Text
Einleitung und Fragestellung
Aktuelle Probleme steigender Arzneimittelkosten und geforderte Arzneimittelsicherheit sollen mit der zeitnah einzuführenden Gesundheitskarte (eGK) adressiert werden. Es stellt sich die Frage, ob hierbei eine Unterstützung durch adäquate EDV-Werkzeuge möglich ist.
Ausgehend von einem verfügbaren Pharmaprüfprogramm wird im Folgenden anhand von Echtdaten die Machbarkeit evaluiert, wobei das Matching von ärztlicher Dokumentation und eingelösten Verordnungen untersucht wird, um resultierende Fehlkosten zu bestimmen.
Material
Über einen Unfallversicherungsträger lagen Arztbriefe und pro Patient und Behandlung zugeordnete Verordnungen für 191 anonymisierte Fälle in Papierform bzw. als digitale Bilder vor. Eingeschlossen wurden nur solche Fälle, zu denen mindestens ein Medikament verordnet wurde und der verrechnete Preis vorlag.
Methoden
Die Diagnosen- (D: 329) und Medikamentenfreitexte (M: 382) wurden manuell feldweise entsprechend den Formularen erfasst und kontrolliert. Anschließend wurden die Freitexte feldweise mittels eines Terminologieservers [Ref. 1] automatisch auf den ICD-10 GM 2006 [Ref. 2] bzw. auf die ABDAmed II/2006 [Ref. 3] und ATC WHO 2006 [Ref. 4] abgebildet. Zusätzlich wurden fallweise korrespondierende Freitexte von D und M als Funktionalität des Terminologieservers automatisch nach Fehlindikationen (FI) ausgewertet. Alle resultierenden Werte wurden von 2 ärztlichen Experten klassifiziert (richtig, falsch, unklar) und ergänzende Klassifikationsregeln abgeleitet und implementiert.
Ergebnisse
In 18 Fällen konnten die Rezeptdaten unsicher erfasst werden. Für 25 Fälle lagen keine Diagnosen vor. Diagnosen wurden in 95 % der Texte richtig abgebildet, 1 % falsch und 4 % unklar zugeordnet. Bei den Medikamenten ließen sich 85 % richtig zuordnen – Hilfsmittel wurden ausgenommen – unzureichend wurden 5 % und unklar 10 % zugeordnet. Dabei wurde unterstützend eine Regel implementiert, für die häufig vorkommende Abkürzung „Ibu“ wurde „Ibuprofen“ ersetzt, die initial unzureichend abgebildet wurde.
Die Diagnosen weisen für die ICD-Klassen S und T (Verletzungen: 72%) und die Medikamente für die ATC-Klassen M und N (Muskel-Skelett- und Nervensystem: 47%) je einen Schwerpunkt auf.
In 40 Fällen wurde eine Fehlindikation initial vom System gemeldet, durch Implementierung zweier Regeln (Ausschluss von Hilfsmitteln und Ausschluss von Schmerzmitteln bei Frakturen und Prellungen) verblieben 7 Fehlindikationen verteilt auf 4 Fälle.
Die Kosten für Medikamente betrugen pro Fall durchschnittlich 51 € (von 3 bis 410 €) bei Normalverteilung und ca. 60 % der Fälle kleiner als 20 €.
Insgesamt wurden in 15 % der Fälle Fehler (Fehlindikation und fehlende Diagnosen) klassifiziert mit einem Anteil von 8 % an den Kosten.
Diskussion
Die Ergebnisse weisen eine sehr hohe Erkennungsrate bei der Abbildung von Freitexten nach den zugehörigen Klassifikationen auf. Die Erkennung der Fehlindikationen ist sehr präzise. Bei 5 – 10 % der Kosten und 10 – 20 % der Fälle wird somit ein Klärungsbedarf prognostiziert. Die Relevanz der Ergebnisse ist nicht nur finanziell zu reflektieren, sondern dürfte sich wegen des selektiven D+M-Spektrums und der Trivialität der Fälle (geringe Anzahl von D und M pro Fall) bei z.B. multimorbiden Kollektiven wesentlich erhöhen. Daher sind größer angelegte Studien zu fordern, wobei weitere Merkmale wie z.B. Alter oder Geschlecht in der Analyse durch Prüfalgorithmen unterstützt werden können.
Ergänzend werden folgende Hypothesen postuliert:
- Fehlindikationen sind im Diagnosennebenspektrum getarnt.
- Eine codierte Datengrundlage ermöglicht den Echtzeitroutineeinsatz.
- Kombinierte Regeln aus Schwellenwert (-intervall) für die Kosten und FI ermöglichen selektive Analysen.
- Das 3D-Spektrum von D und M ist spezifisch für ein Kollektiv bzw. stellt dessen Fingerabdruck dar.
- Die Versorgung untypischer Situationen ist detektierbar.
- Terminologieserverkonzepte sind für Prozessunterstützung, Kostenallokation und prospektive Arzneimittelsicherheit nutzbar.