gms | German Medical Science

50. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (gmds)
12. Jahrestagung der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Epidemiologie (dae)

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie
Deutsche Arbeitsgemeinschaft für Epidemiologie

12. bis 15.09.2005, Freiburg im Breisgau

Die interaktive Exploration komplexer Fußfrakturen unter Einsatz eines Freiachsenexplorationssystems

Meeting Abstract

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  • Michael Marschollek - Technische Universität Braunschweig, Braunschweig
  • Klaus Dresing - Universitätsklinikum Göttingen, Göttingen
  • Dietrich Peter Pretschner - Technische Universität Braunschweig, Braunschweig

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie. Deutsche Arbeitsgemeinschaft für Epidemiologie. 50. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (gmds), 12. Jahrestagung der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Epidemiologie. Freiburg im Breisgau, 12.-15.09.2005. Düsseldorf, Köln: German Medical Science; 2005. Doc05gmds490

Die elektronische Version dieses Artikels ist vollständig und ist verfügbar unter: http://www.egms.de/de/meetings/gmds2005/05gmds408.shtml

Veröffentlicht: 8. September 2005

© 2005 Marschollek et al.
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Gliederung

Text

Einleitung und Fragestellung

Viele Diagnosen in der Unfallchirurgie lassen sich sehr schnell an Hand von konventionellen Röntgenaufnahmen stellen. Erheblich schwieriger wird die Diagnose bei komplexen Frakturen bzw. Frakturen in sehr unübersichtlichen Körperbereichen. Ein Beispiel hierfür ist die Fraktur des Fersenbeines, für deren adäquate Therapie eine ganz exakte Darstellung der einzelnen Fragmente und deren Lagebeziehungen zueinander erfolgen muss [1], [2]. Unsere Arbeit untersucht die Fragestellung, ob die interaktive Exploration des Frakturbereiches durch den Chirurgen mit einem Freiachsenexplorationssystem in der präoperativen Diagnostik sinnvoll eingesetzt werden kann.

Material und Methoden

CT-Datensätze von ausgewählten, komplexen intraartikulären Frakturen des Fersenbeines wurden drei Experten vorgelegt. Zur Visualisierung wurde das von Teistler an der Technischen Universität Braunschweig entwickelte Freiachsenexplorationssystem virtusMED verwendet, welches die Darstellung von multiplanaren Reformationen durch den Untersucher in Echtzeit ermöglicht [3], [4]. Die Wahl der Darstellungsebenen erfolgt dabei intuitiv über die Bewegung einer in der Hand des Untersuchers gehaltenen Sonde, die über ein elektromagnetisches Trackingsystem mit einem Rechner verbunden ist.

Die Explorationen der Experten wurden in Form von Videosequenzen mit gesprochenen Befundkommentaren aufgezeichnet und von dem Erstautor analysiert.

Ergebnisse

Aus der Analyse der Experten-Explorationspfade und den Gesprächen mit den Untersuchern wurde eine Empfehlung für eine strukturierte Untersuchung von Fersenbeinfrakturen mit einem Freiachsenexplorationssystem entwickelt. Die subjektive Beurteilung durch die Untersucher ergab einen Vorteil für das interaktive Werkzeug vor allem für die präoperative Diagnostik, bei der es darum geht, kleinste – und zur chirurgischen Rekonstruktion notwendige – Details wie z.B. Gelenkstufen oder die Rotation und Dislokation von Fragmenten zu erkennen. Dabei erscheint es vor allem von Vorteil zu sein, dass der Chirurg selbst aktiv in die Bildgenerierung eingreifen und sein antizipierendes chirurgisch-therapeutisches Wissen einbringen kann. Der intuitive Zugang zum Bildmaterial trägt zur mentalen Rekonstruktion der Frakturmorphologie bei.

Nachteile in der Verwendung eines solchen Visualisierungssystems werden in der für die Bedienung eines Freiachsenwerkzeuges erforderlichen Eingewöhnungszeit und im Mangel von entsprechenden multiplanaren Darstellungen in den gängigen chirurgischen Lehrwerken gesehen.

Diskussion

Die Verwendung eines Freiachsenexplorationssystems wie z.B. virtusMED ist vor allem in der präoperativen Diagnostik von komplexen Frakturen in unübersichtlichen Körperbereichen sinnvoll. Der Chirurg kann selbst aktiv in den Prozess der Bilderstellung eingreifen und ganz gezielt sein chirurgisches Wissen in die Exploration mit einbringen. Dadurch wird es ihm ermöglicht, diagnostische Fragestellungen zu adressieren und die notwendigen therapeutischen Schritte zu antizipieren. Ein weiterer wichtiger Vorteil ist die Dokumentation des Untersuchungsgangs in Form einer Videosequenz mit Befundkommentar, wodurch die präoperativen diagnostischen und therapeutischen Entscheidungen für Außenstehende auch im Nachhinein nachvollziehbar gemacht werden.

Der hier entwickelte diagnostische Algorithmus für die strukturierte Exploration einer Fersenbeinfraktur kann unerfahrenen Nutzern dazu dienen, sich mit der neuen Methode der Visualisierung vertraut zu machen. Zu diesem Zweck wurde der Prototyp eines Lernsystems für die Diagnostik von Fersenbeinfrakturen entwickelt, das es erlaubt, die eigenen Explorationen mit aufbereiteten Explorationssequenzen von Experten zu vergleichen.

Die multiplanaren Darstellungen, die moderne Visualisierungssysteme ermöglichen, sollten in die gängigen Lehrwerke der Unfallchirurgie aufgenommen werden, um das Potenzial der Volumendatensätze aus Computertomographie und Magnet-Resonanz-Tomographie voll ausschöpfen zu können.


Literatur

1.
Linsenmaier U, Brunner U, Schoning A, Rieger J, Krotz M, Mutschler W, Pfeiffer KJ, Reiser M. Classification of calcaneal fractures by spiral computed tomography: implications for surgical treatment. Euopean Radiology 2003; 13(10): 2315-22.
2.
Freund M, Thomsen M, Hohendorf B, Zenker W, Heller M. Optimized preoperative planning of calcaneal fractures using spiral computed tomography. Euopean Radiology 1999; 9: 901-6.
3.
Teistler M, Bott O, Dormeier J, Pretschner DP. Virtual Tomography: A New Approach to Efficient Human-Computer Interaction for Medical Imaging. In: Galloway Jr. RL, Hrsg. Proceedings of SPIE Vol. 5029 Medical Imaging - Visualization, Image-Guided Procedures and Display; 2003 Feb 16-18; San Diego, USA. Bellingham, USA: 512-9.
4.
Teistler M. VirtusMED - Explore the virtual patient. Available at: http://virtusmed.com. Accessed April 10th, 2005.