gms | German Medical Science

50. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (gmds)
12. Jahrestagung der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Epidemiologie (dae)

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie
Deutsche Arbeitsgemeinschaft für Epidemiologie

12. bis 15.09.2005, Freiburg im Breisgau

Semantische Transformation und Interoperabilität für klinische Prozessunterstützung und Datenauswertung

Meeting Abstract

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  • Daniel Diekmann - ID Gesellschaft für Information und Dokumentation im Gesundheitswesen mbH, Berlin
  • Gunther Hellmann - ID Gesellschaft für Information und Dokumentation im Gesundheitswesen mbH, Berlin
  • Mark Neumann - ID Gesellschaft für Information und Dokumentation im Gesundheitswesen mbH, Berlin

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie. Deutsche Arbeitsgemeinschaft für Epidemiologie. 50. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (gmds), 12. Jahrestagung der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Epidemiologie. Freiburg im Breisgau, 12.-15.09.2005. Düsseldorf, Köln: German Medical Science; 2005. Doc05gmds579

Die elektronische Version dieses Artikels ist vollständig und ist verfügbar unter: http://www.egms.de/de/meetings/gmds2005/05gmds395.shtml

Veröffentlicht: 8. September 2005

© 2005 Diekmann et al.
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Gliederung

Text

Einleitung und Fragestellung

In den vergangenen Jahren war der Schwerpunkt der klinisch-medizinischen Dokumentation in Deutschland und Europa geprägt durch die Einführung neuer Entgeltsysteme, wie z.B. der G-DRG (Diagnosis Related Groups) [1]. Mit dem Gesundheitsmodernisierungsgesetz, der gerade vollzogenen Einführung des Entgeltsystems EBM2000plus [2] (Einheitlicher Bewertungsmaßstab) für ambulant-stationäre Leistungen und die Möglichkeiten der Integrierten Versorgung hat die Dokumentation mit intern und externen Akteuren, z.B. niedergelassenen Ärzten, an Bedeutung gewonnen und ist sogar partiell verpflichtend geworden.

Damit verschiebt sich der Schwerpunkt von Codierung und Abrechnungsmanagement hin zu Verknüpfung von Wissen mittels standardisierter Terminologien, um eine übergreifende Kommunikation, Auswertung und Abrechnung zu ermöglichen. Die für Dokumentations- und Entgeltzwecke bisher genutzten Klassifikationen wie ICD-10 oder OPS-310 [3] besitzen für diese Einsatzbereiche nur eine limitierte Anwendbarkeit, da eine differenzierte Abbildung des vollständigen medizinischen Prozesswissens hier nicht gegeben ist.

Es stellt sich die Frage, welche Terminologien hierbei für Deutschland zielführend sind und von verfügbaren Terminologieservern [4] unterstützt werden. In Diskussion sind z.B. SNOMED CT [5] oder semantische Netze, um letztlich die Verständlichkeit (semantische Interoperabilität) zwischen Systemen und Sektoren unter Berücksichtigung der Einführung der Gesundheitskarte bereitzustellen. Entscheidend für die Akzeptanz könnte es dabei sein, welchen Grad an Prozessunterstützung die Anwendungen durch einen Terminologieserver erfahren.

Material und Methoden

Die wichtigsten Bestandteile der medizinischen Dokumentation sind Diagnosen, Laborwerte und –leistungen, Befundtexte, Medikamente, Prozeduren und Leistungen (Entgeltsysteme). Für jeden Teilbereich wurden verfügbare Standards ausgewählt, siehe Tabelle 1 [Tab. 1].

Auf der Basis eines semantischen Netzes mit abhängigen Beziehungen wurden die in Tabelle 1 [Tab. 1] dargestellten Klassifikationen und Terminologien integriert. In der erweiterten multiaxialen Wingert-Nomenklatur [6], welche zusätzlich u. a. funktionelle und morphologische Achsen bereitstellt, wurde eine paarweise bzw. tripleweise Verlinkung voranalysierter Indizes und Segmente vorgenommen. Diese Verknüpfungslogik ist in den Terminologieserver ID LOGIK® eingeflossen und zusätzlich um eindimensionale und mehrdimensionale Regeln erweitert worden. Diese werden durch Textanalyse, spezielle Begriffslogik und Programmlogik funktionell erweitert.

Mit dem Ziel, eine Plattform- und Versorgungsform unabhängige Verarbeitungslogik bereitzustellen, sind die Dienste und Funktionen zentral implementiert, aber dezentral einsetzbar. Eine Übersicht über die innerhalb des Terminologieservers verwendeten Funktionen bietet Tabelle 2 [Tab. 2]. Um eine breite Nutzbarkeit und Verfügbarkeit zu erreichen, stehen mehrere Standardschnittstellen für Windows und Java-Umgebungen sowie eine Integration als Webservice zur Verfügung.

Ergebnisse

Bisher verwendete Standards wie Klassifikationen sind für künftige Anwendungen im Bereich der medizinischen Informatik und Telemedizin nicht mehr ausreichend und müssen durch zusätzliche Parameter ergänzt werden. Durch die Integrierung von Standards und Referenzwissen in einem Terminologieserver kann medizinisches Wissen effizient verwaltet und gepflegt werden. Ein zugrunde liegendes vollständiges medizinisches Lexikon, eine differenzierte Terminologie und ein semantisches Netz bieten hier neue Möglichkeiten und bilden die Grundlage für Funktionen in einem Terminologieserver. Das enthaltene Wissen kann so neben der Dokumentation auch für Zwecke der Prozessteuerung eingesetzt werden.

Durch semantische Verknüpfungen sind Transformationen zwischen klinischen und administrativen Parametern möglich, wie von Diagnose zu Prozedur, Diagnose zu Entgeltsystem, Prozedur zu Entgeltsystem, Diagnose zu Medikament oder Laborwert zu Entgeltsystem möglich. Gleichzeitig wird auch eine Verbindung zu Referenzwissen hergestellt.

Durch semantische Relationen mit einer Kettenlänge von bis zu 600 Items, wird einerseits die Auswahl möglicher zur Verfügung stehender Arbeitsabläufe als auch die damit verbundene Treffsicherheit (Spezifizität) erhöht. Anderseits werden explizite Ausschlusskriterien berücksichtigt, um somit die Sensitivität von Suchanfragen zu verbessern. Dabei wurde basierend auf anerkannten Referenzen ermittelt, dass die hinterlegten Indizes entscheidend für die Spezifizität und Sensitivität der Ausgabeergebnisse sind. Der Detailgrad liegt in Abhängigkeit vom Workflow zwischen zwei bis fünf mal höher als bei traditionellen Klassifikations- oder Thesaurusmodellen. Die Zahl der umgesetzten Achsen beträgt 10 bei 4 semantischen Verknüpfungsarten mit Ergänzung von 2 Teilabhängigkeiten und ist somit deutlich höher als die paarweise Kombination.

Mittels vergleichender Operationen (Plausibilisieren) konnte zusätzlich sowohl Intra- (Medikamentencheck: Kontraindikationen, s. Abbildung 1 [Abb. 1]) als auch Intervergleiche (stationsersetzendes Potential auf der Basis OPS-301: EBM2000plus versus G-DRG) realisiert werden. Durch Nutzung von Standardschnittstellen ist eine Integration in bestehende Krankenhausinformationssysteme (KIS) gegeben und bereits bei mehr als 1.000 Einrichtungen im Einsatz.

Diskussion

Die Verknüpfung von Klassifikationen, Nomenklaturen und Terminologien offenbart Mehrwerte wie Workflow-Unterstützung und Vergleichsanalysen, die es erstmals ermöglichen, detaillierter zu dokumentieren, zu analysieren und abzurechnen. Folglich können hiermit in verschiedenen Bereichen neue Qualitätsniveaus in der Therapie- und Pharmasicherheit erreicht werden bei gleichzeitiger Berechenbarkeit von Einzel- oder Komplexleistung, so dass ein Patientenklassifikationssystem zur Verfügung steht, welches morbiditätsbezogen Leistungen auf der Basis von Diagnose, Medikament oder Prozedur bewerten kann.

Vergleicht man diesen Ansatz mit dem aktuell diskutierten Vorschlag, SNOMED CT für Deutschland zu erwerben, so stellt sich heraus, dass Terminologieserver mit einem breiten Funktionalitätsspektrum auf Basis semantischer Netze bereits im Einsatz sind und damit eine interne und externe semantische Interoperabilität verfügbar ist. Weitere Ebenen der Vergleichsanalyse und Therapiebeurteilung können durch einen Ausbau der Inhalte und Funktionalitäten erreicht werden. Diese Mehrwerte sollten genutzt werden, um die anvisierten Ziele, wie z.B. der elektronischen Gesundheitskarte, zeitnah voranzutreiben.


Literatur

1.
G-DRG 2005, InEK, www.inek-drg.de, Siegburg, 2005
2.
EBM2000plus, KBV, www.ebm2000plus, Berlin, 2005
3.
ICD-10, OPS-301, DIMDI, www.dimdi.de, Köln, 2005
4.
ID LOGIK ®, ID GmbH, www.id-berlin.de ,Berlin, 2005
5.
SNOMED CT, CAP, www.snomed.org, Northfield , IL
6.
Wingert F, Systematisierte Nomenklatur der Medizin (SNOMED), Berlin: Springer 1984
7.
Harrisons Innere Medizin, Dt. Ausg. der 15.Auflage, ABW-Verlag, Berlin, 2002
8.
ABDA-Datenbank, ABDATA, www.wuv-gmbh.de/abdindex.html, Eschborn, 2005