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Therapieoptimierung durch Abwägung von Wirkung und Nebenwirkung
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Veröffentlicht: | 8. September 2005 |
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Text
Hintergrund
Oftmals wird aus dem signifikanten Nachweis der Wirksamkeit einer Therapie und der Feststellung, daß sich Nebenwirkungen im erträglichen Rahmen bewegen, die Empfehlung zum Einsatz dieser Therapie abgeleitet. Wünschenswert sind jedoch individualisierte Entscheidungsregeln, welche aufgrund der Prognose der Patienten für erwartete Wirksamkeit und Nebenwirkungen und deren Abwägung die ärztliche Entscheidung im Einzelfall unterstützen.
Methoden und Ergebnisse
Wir greifen auf Daten einer multizentrischen Studie (n>3000) zur Prophylaxe postoperativer Übelkeit und postoperativen Erbrechens (PONV) zurück. Dort wurde die Wirksamkeit von Metoclopramid in unterschiedlichen Dosisstufen zusätzlich zu einer Basismedikation (Dexamethason) nachgewiesen; jedoch nahmen auch unerwünschte Nebenwirkungen mit steigender Dosis zu. Die nach häufig praktiziertem standardmäßigen Vorgehen gezogene Folgerung, die Anwendung der maximalen Dosis sollte zur Erreichung der maximalen Wirkung empfohlen werden und ist auch hinsichtlich der Sicherheit vertretbar, wird nach einer Reanalyse der Daten relativiert.
Wir zeigen, wie anhand von Risikomodellen und vergleichenden Bewertungen unerwünschter Ereignisse Empfehlungen für individuell festgelegte Dosisstufen hergeleitet werden können, mit denen weniger als die Hälfte der Maximaldosis an Medikation benötigt wird und insgesamt bessere Ergebnisse erwartet werden dürfen. Die zunächst aus einem System von Regressionsgleichungen und Zielfunktionen gewonnenen Empfehlungen können dabei durch ein einfaches Scoring-Schema approximiert werden, welches der Kliniker auch praktisch verwenden kann.
Wir demonstrieren die Sensitivität der Empfehlungen gegenüber eingangs festzulegenden Parametern (akzeptables Verhältnis von Nebenwirkungen und Wirksamkeit) und unterstreichen damit die Notwendigkeit, nicht nur Studiendaten, sondern auch zur Interpretation notwendige Zusatzinformationen mit größter Sorgfalt zu erheben.
Weiterhin diskutieren wir Designs und Fallzahlen für eine Studie zur Prüfung der Überlegenheit individueller im Vergleich zu pauschalen Therapieentscheidungen.
Schlußfolgerungen
Die Herleitung individueller Therapieentscheidungen unter Abwägung erwarteter Wirkungen und Nebenwirkungen kann umfangreichere, für den Kliniker schwer zu durchschauende Analysen erfordern, die sich jedoch durchaus in einfache, im klinischen Alltag handhabbare Handlungsanleitungen umsetzen lassen. Unter Umständen müssen dafür neben den Studiendaten weitere Informationen erhoben werden (z.B. vergleichende Beurteilung der Schwere klinischer Ereignisse), deren Notwendigkeit zuvor nicht absehbar war. Leider dürften hohe Fallzahlen eine entscheidende Barriere für Studien zur individuellen Therapieoptimierung im Vergleich zu Pauschalempfehlungen aus klassischen Wirksamkeitsstudien darstellen.