gms | German Medical Science

50. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (gmds)
12. Jahrestagung der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Epidemiologie (dae)

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie
Deutsche Arbeitsgemeinschaft für Epidemiologie

12. bis 15.09.2005, Freiburg im Breisgau

Versorgungsepidemiologische Untersuchung zur Abklärung von Mundschleimhautbefunden durch niedergelassene Zahnärzte in einer bevölkerungsbezogenen Querschnittsstudie

Meeting Abstract

  • Kerstin Weitmann - Ernst-Moritz-Arndt-Universität, Institut für Community Medicine, Greifswald
  • Daniela Feuerschütz - Ernst-Moritz-Arndt-Universität, Zentrum für Zahn-, Mund und Kieferheilkunde, Greifswald
  • Wolfgang Sümnig - Ernst-Moritz-Arndt-Universität, Zentrum für Zahn-, Mund und Kieferheilkunde, Greifswald
  • Wolfgang Hoffmann - Ernst-Moritz-Arndt-Universität, Institut für Community Medicine, Greifswald

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie. Deutsche Arbeitsgemeinschaft für Epidemiologie. 50. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (gmds), 12. Jahrestagung der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Epidemiologie. Freiburg im Breisgau, 12.-15.09.2005. Düsseldorf, Köln: German Medical Science; 2005. Doc05gmds306

Die elektronische Version dieses Artikels ist vollständig und ist verfügbar unter: http://www.egms.de/de/meetings/gmds2005/05gmds242.shtml

Veröffentlicht: 8. September 2005

© 2005 Weitmann et al.
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Gliederung

Text

Einleitung

Präkanzerosen können das potentielle Vorstadium eines Karzinoms sein. Trotz moderner Therapiemaßnahmen ist die Prognose bei Mundhöhlentumoren immer noch ungünstig. Daher muss der Blick auf die Vorsorge und frühzeitige Erkennung und Therapie von oralen Präkanzerosen und Mundhöhlentumoren gerichtet werden. Den Zahnärzten kommt hier eine zentrale Rolle zu.

Material und Methoden

Von 1997 bis 2001 wurde in der Region Vorpommern die epidemiologische Querschnittsstudie SHIP0 (Study of Health in Pomerania) durchgeführt, in der eine detailliertere Untersuchung des Gesundheitszustandes der Bewohner dieser Region erfolgte. Ziele und Methodik der SHIP0-Studie sind von John et al. (2001) beschrieben worden [1]. Im zahnmedizinischen Teil der Studie wurden unter anderem Mundschleimhautveränderungen und damit einhergehende Erkrankungen erfasst. Bei 508 (11.8%) von 4287 zahnärztlich untersuchten Probanden wurde ein auffälliger Mundschleimhautbefund diagnostiziert. Diese Probanden erhielten die Empfehlung, zur Abklärung des Befundes einen Zahnarzt aufzusuchen.

Ziel des assoziierten Projektes „Früherkennung und Prävention von Präkanzerosen und Mundhöhlentumoren“ ist es unter anderem, herauszufinden, 1. wie viele der Probanden mit einem positiven Befund dieser Empfehlung tatsächlich Folge leisteten, 2. ob der Zahnarzt die SHIP0-Diagnose bestätigt hat und 3. ob die empfohlene Behandlung des Zahnarztes adäquat war. Dazu wurden die Probanden gebeten, eine Schweigepflichtentbindung für ihren Zahnarzt gegenüber der Studienleitung (W. Sümnig, W. Hoffmann) auszustellen. Jeder Proband konnte mehrere Zahnärzte haben. Bei erteilter Schweigepflichtentbindung erhielt jeder Zahnarzt des Probanden einen Fragebogen, in dem das Vorstellungsdatum des Probanden, Mundschleimhautveränderungen und Therapiemaßnahmen angegeben werden sollten.

Die Auswertung erfolgte mit Hilfe deskriptiver Statistiken.

Ergebnisse

Von den 508 Probanden mit einem auffälligen Mundschleimhautbefund konnten insgesamt 415 (81.7%) Datensätze ausgewertet werden. 90 (17.7%) Probanden wurden von dem assoziierten Projekt ausgeschlossen, da sie verstorben oder verzogen waren oder keinen weiteren Kontakt nach SHIP0 wünschten. Bei 3 (0.6%) Probanden lag die Schweigepflichtentbindung bis zum Studienende nicht vor.

Von diesen 415 Probanden verweigerten 110 (26.5%) die Befragungen des eigenen Zahnarztes. 1. Von den 305 (73.5%) Probanden, die eine Schweigepflichtentbindung erteilten, sind 55.1% (N=168) der Empfehlung zum Zahnarztbesuch nach SHIP0 innerhalb von sechs Monaten (180 Tagen) gefolgt, weitere 38.4% (N=117) waren nach mehr als sechs Monaten und max. fünfeinhalb Jahren (2041 Tagen) beim Zahnarzt vorstellig und 6.6% (N=20) der Probanden sind der Empfehlung bis zum Studienende nicht gefolgt. Insgesamt haben somit 285 Probanden einen Zahnarzt nach SHIP0 aufgesucht. 2. Von 265 (93%) dieser 285 Probanden lag eine spezifische SHIP0-Diagnose vor. 20 (7%) Probanden hatten einen unspezifischen SHIP0-Befund. Ein Proband mit einem spezifischen Befund wurde von der Analyse ausgeschlossen, da für ihn die Diagnose seines Zahnarztes fehlte. 264 Probanden wurden hinsichtlich Diagnose und Therapiemaßnahmen betrachtet. Für diese Untergruppe liegen insgesamt 300 Diagnosen vor, da sich einige von ihnen bei mehreren Zahnärzten in Behandlung begaben.

Bei dem Diagnosevergleich zwischen der Zahnarztdiagnose und der SHIP0-Diagnose wurde es als ausreichend angesehen, wenn pro Proband wenigstens eine Diagnose seiner Zahnärzte mit der SHIP0-Diagnose übereinstimmte.

Alle in SHIP0 gestellten Diagnosen wurden bei 28.4% (N=75) der Probanden bei wenigstens einem Zahnarzt festgestellt. Eine teilweise Übereinstimmung war bei 1.5% (N=4) der Probanden zu finden. Bei 70.1% (N=185) der Probanden wurde der SHIP0-Befund nicht bestätigt.

Von den 153 Probanden, die innerhalb sechs Monaten ihren Zahnarzt besuchten, wurde bei 39.4% (N=61) der Probanden eine mit SHIP0 übereinstimmende Diagnose festgestellt. Bei 60% (N=93) der Probanden wurde der SHIP0-Befund nicht bestätigt. Eine teilweise Übereinstimmung war bei einem (0.7%) Probanden vorhanden. Bei den Probanden, die nach mehr als sechs Monaten ihren Zahnarzt aufsuchten, war eine Übereinstimmung der Zahnarztdiagnose und SHIP0-Diagnose zu 12.8% (N=14) gegeben und keine Diagnoseübereinstimmung war bei 84.4% (N=92) der Probanden festzustellen. Bei 2.8% (N=3) Probanden stimmten die Diagnosen teilweise überein.

Bei der Untergruppe der Probanden, die der Empfehlung zum Zahnarztbesuch nach SHIP0 innerhalb von sechs Monaten Folge leisteten, ist der Anteil der Diagnoseübereinstimmung gegenüber der Untergruppe, die nach mehr als sechs Monaten ihren Zahnarzt besuchten, höher. Das spricht dafür, dass eine in SHIP0 diagnostizierte Mundschleimhautveränderung bis zum Besuch des Probanden bei seinem Zahnarzt abgeheilt sein kann. Eine fehlende Übereinstimmung beim Diagnosevergleich kann im Einzelfall somit durchaus plausibel sein.

3. Die empfohlenen Therapien der Haus- bzw. Fachzahnärzte waren bezüglich der eigenen Diagnose bei allen 264 Probanden adäquat.

Auf die SHIP0-Diagnose bezogen waren die empfohlenen Therapien der Zahnärzte bei 60.6% (N=160) der Probanden adäquat. Für 39.4% (N=104) Probanden konnte dies nicht festgestellt werden. Bei der Interpretation muss berücksichtigt werden, dass zwischen der SHIP0-Untersuchung und dem Besuch des Probanden bei seinem Zahnarzt mitunter große Zeiträume verstrichen sein können.

Diskussion

Die Zahnärzte behandeln überwiegend adäquat. Es müssen Schritte unternommen werden, um Probanden zu einem regelmäßigen Zahnarztbesuch zu motivieren, so dass Vorsorgemaßnahmen effektiver greifen und orale Präkanzerosen frühzeitig erkannt und therapiert werden können.


Literatur

1.
John U, Greiner B, Hensel E, Lüdemann J, Piek M, Sauer S, et al. Study of health in Pomerania (SHIP): a health examination survey in an east German region: objectives and design. Soz.-Präventivmedizin 2001; 46:186-194