gms | German Medical Science

50. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (gmds)
12. Jahrestagung der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Epidemiologie (dae)

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie
Deutsche Arbeitsgemeinschaft für Epidemiologie

12. bis 15.09.2005, Freiburg im Breisgau

Kann eine Infektion allein durch Blutspenden endemisch werden?

Meeting Abstract

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  • Klaus Dietz - Universität Tübingen, Tübingen

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie. Deutsche Arbeitsgemeinschaft für Epidemiologie. 50. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (gmds), 12. Jahrestagung der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Epidemiologie. Freiburg im Breisgau, 12.-15.09.2005. Düsseldorf, Köln: German Medical Science; 2005. Doc05gmds286

Die elektronische Version dieses Artikels ist vollständig und ist verfügbar unter: http://www.egms.de/de/meetings/gmds2005/05gmds184.shtml

Veröffentlicht: 8. September 2005

© 2005 Dietz.
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Gliederung

Text

Einleitung und Fragestellung

In Großbritannien sind inzwischen zwei Patienten mit der neuen Variante der Creutzfeldt-Jakob-Erkrankung beobachtet worden, die sich durch Blutspenden angesteckt haben. Für den Nachweis der entsprechenden Infektionserreger gibt es (noch) keinen diagnostischen Test, der die Übertragung durch Spenderausschluss verhüten könnte. Es stellt sich daher grundsätzlich die Frage, ob sich eine Infektion endemisch etablieren könnte, die allein durch Blutspenden übertragen wird. Falls ja möchte man abschätzen können, ob man die Ausbreitung einer solchen Infektion dadurch verhindern könnte, indem man Spender ausschließt, die selbst schon eine Transfusion empfangen haben

Material und Methoden

Es wird ein dynamisches, altersstrukturiertes Modell vorgestellt, das die Ausbreitung einer Infektion durch Blutspenden beschreibt. Da aktive Blutspender mindestens 18 und höchstens 68 Jahre alt sind, ist es unerlässlich, in einem solchen Modell die Altersstruktur der Bevölkerung zu berücksichtigen. Außerdem beeinflusst die starke Altersabhängigkeit des Transfusionsempfangs die Übertragungsdynamik.

Die Modellparameter werden aufgrund von fünf Datensätzen geschätzt:

1.
Der DRK-Blutspendedienst in Nordrhein-Westfalen hat über einen begrenzten Zeitraum die Altersverteilung von Blutspendern und deren Spendeaktivitäten in Abhängigkeit von ihrem Status als Erstspender bzw. Wiederholungsspender registriert.
2.
In einer Fall-Kontroll-Studie zur Creutzfeldt-Jakob-Erkrankung wurden Kontrollpersonen sowohl über ihre Blutspendeaktivitäten als auch über den Empfang von Bluttransfusionen befragt.
3.
Am Klinikum Essen wurde die Altersverteilung der Transfusionsempfänger in einem Monat für knapp 5000 Patienten erfasst.
4.
In einer longitudinalen Studie in Newcastle [1] wurde das Überleben von Transfusionsempfängern nach einer Transfusion über einen Zeitraum von 1994 – 2001 untersucht. Die Studie beruht auf knapp 3000 Patienten, die in einem bestimmten Monat eine Bluttransfusion erhalten hatten. Das entsprechende Überlebenszeitmodell schätzt für jedes Lebensalter den mit dem Alter logistisch zunehmenden Anteil der Transfusionsempfänger mit einem erhöhten Sterberisiko und dessen mit dem Alter abnehmende Lebenserwartung.
5.
Die Sterberaten der Allgemeinbevölkerung wurden aufgrund von Daten des Statistischen Bundesamtes mit einem parametrischen Modell beschrieben.

Das mathematische Modell umfasst 26 Kompartimente, deren jeweilige Größe mit einer Schrittweite von einem Jahr sowohl für Alter als auch Zeit iterativ bestimmt werden. Dieses zeitlich diskrete Modell stellt eine Approximation einer partiellen Differentialgleichung mit den Variablen Alter und Zeit dar.

Ergebnisse

Sämtliche Daten werden realistisch durch parametrische Modelle beschrieben. Eine Infektion kann sich durch die Übertragung allein durch Blutspenden nicht endemisch halten. Trotzdem kann es zu einer Vielzahl von Übertragungsfällen kommen. Das Modell erlaubt es abzuschätzen, welcher Anteil dieser Fälle durch den Ausschluss von Spendern mit einer Bluttransfusionsanamnese zu vermeiden sind.

Diskussion

Die Ergebnisse der Modellsimulationen sind für die gegenwärtige Diskussion über die Notwendigkeit eines Spenderausschlusses mit Transfusionsanamnese relevant.


Literatur

1.
Wallis JP, Wells AW, Matthews JN, Chapman CE. Long-term Survival after Blood Transfusion: a Population based Study in the North of England. Transfusion 2004; 44:1025-32.