gms | German Medical Science

Gemeinsame Jahrestagung der Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA) und des Arbeitskreises zur Weiterentwicklung der Lehre in der Zahnmedizin (AKWLZ)

05.08. - 09.08.2024, Freiburg, Schweiz

Zum Umgang mit unangemessenem und diskriminierendem Verhalten bei Einsätzen von Simulationspersonen – Schutzmaßnahmen und Handlungskonzepte

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Linn Hempel - Medizinische Fakultät Halle, Dorothea Erxleben Lernzentrum, Halle, Deutschland
  • Susanne Borgmann - Universitätsmedizin Göttingen, Studiendekanat/Medizindidaktik, Göttingen, Deutschland
  • Stefanie Otten-Marré - Medizinische Fakultät Düsseldorf, Studiendekanat/Psychosomatik CoMeD, Düsseldorf, Deutschland
  • Tim Peters - Universität Bielefeld, Medizinische Fakultät OWL, Abteilung für Allgemein- und Familienmedizin, Bielefeld, Deutschland

Gemeinsame Jahrestagung der Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA) und des Arbeitskreises zur Weiterentwicklung der Lehre in der Zahnmedizin (AKWLZ). Freiburg, Schweiz, 05.-09.08.2024. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2024. DocWS-02-01

doi: 10.3205/24gma194, urn:nbn:de:0183-24gma1947

Veröffentlicht: 30. Juli 2024

© 2024 Hempel et al.
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Gliederung

Text

Einsätze von Simulationspersonen setzen voraus, dass die SPs vorgegebene Rollen übernehmen und diese sowohl mit eigenen Interpretationen wie auch standardisiertem Verhalten ausfüllen. Die Trennung von Patient*innen-Rolle und SP-Persönlichkeit ist gewollt und zu großen Teilen durch SP-Auswahl, präzise Skript-Erstellung, Rollentrainings und Hospitationen kontrollierbar [1], [2].

Feedback-Geben und Debriefing-Phasen nach der Simulation bergen die Chance und das Risiko, dass Simulationspersonen, Studierende und Lehrende sich auch auf persönlicher Ebene näherkommen; Rollen und Personen verschwimmen mitunter. Unangemessene Äußerungen, Übergriffigkeiten und Diskriminierungen können hier – bewusst und unbewusst – platziert werden.

Simulationen und die diesbezügliche Zusammenarbeit müssen für alle Beteiligten in einem sicheren (Lern-)Umfeld, in dem ein respektvoller Umgang miteinander gepflegt wird, stattfinden. Wo viele Personen mit unterschiedlichen Wertekonzepten, politischen Haltungen, geschlechtlichen Sozialisationen und Persönlichkeitsmerkmalen aufeinandertreffen, entstehen Konflikte ([3], p.5ff).

Die Nähe und direkte Interaktion in diesem ansonsten geschützten Setting können auch kontraproduktive Auswirkungen haben, wenn diese Nähe beispielsweise ausgenutzt oder fehlinterpretiert wird.

Ein Medizinstudierender, verlassener Expartner einer SP, kommentiert die Darstellungsqualität dieser während der Simulation, eine studentische Tutorin nutzt die Handynummern aus der Arbeits-Chatgruppe für Flirtversuche, eine Studierende verweigert Simulationen mit einem SP aufgrund abwertender Kommentare – solche Beispiele gehören zu unserem Arbeitsalltag und beeinträchtigen gleichzeitig die Arbeitsatmosphäre.

  • Was passiert, wenn kritische Verhaltensweisen bei einzelnen Akteuren sichtbar werden?
  • Lässt sich unangemessenes und diskriminierendes Verhalten sofort identifizieren, oder wird es in der Simulation von den Inhalten überlagert?
  • An welcher Stelle ist es mögliches, dieses Verhalten im Arbeitsalltag wieder aufzugreifen und zu thematisieren?

Es braucht klare Vereinbarungen für alle Beteiligten. Welches Instrumentarium ist geeignet, um das professionelle Miteinander im SP-Programm zu regeln, sodass sich alle gleichermaßen sicher, selbstbestimmt und verantwortungsbewusst fühlen? Elementar sind das Wissen über verschiedene Diskriminierungsformen, sexualisierte Gewalt und Grenzüberschreitungen sowie die Kenntnis über Präventionsmaßnahmen. Zudem müssen geeignete Anlaufstellen und Beschwerdewege bekannt und zugänglich sein [https://www.antidiskriminierungsstelle.de/DE/ueber-diskriminierung/was-ist-diskriminierung/diskriminierungsformen/diskriminierungsformen-node.html].

Methode: In diesem Workshop geht es um die konkrete Erarbeitung verschiedener Schritte, um die Zusammenarbeit in Konflikt-, Übergriffigkeits- und Diskriminierungsfällen in SP-Programmen professionell zu gestalten. Dabei stehen weniger erlebte Beispiele im Fokus, als vielmehr die Sensibilisierung für mögliche Situationen und die daraus resultierenden notwendigen Handlungen für einen zügigen, standardisierten, konstruktiven Umgang (dazu gehören präventive Maßnahmen, Schutzstrategien wie auch Beschwerdeabläufe). Dabei sind die fakultätseigenen Vorgaben und Möglichkeiten zu beachten, zu nutzen und potentiell zu erweitern.

Ziel: Zusammenstellung von pragmatischen Vorgehensweisen, Formulierungen und Hinweisen, damit jeder Standort für seine SPs, Studierenden und Lehrenden ein solches formalisiertes Verfahren etablieren kann.

Ablauf:

1.
Vorstellungsrunde, Formalia
2.
Problemlage und Ziele
3.
Theoretischer Input Hempel, Borgmann, Otten-Marré, Peters: Begrifflichkeiten, Leitbilder, Flowcharts
4.
Diskussion
5.
Moderiertes Erarbeiten von Vorgehensweisen
6.
Planung weiterer Zusammenarbeit

Zielgruppe: Alle am Thema Interessierten; Erfahrung in der SP- oder Tutor*innen-Arbeit wünschenswert (keine Voraussetzung).

Vorbereitung: Leitbilder, publizierte Antidiskriminierungsabsichten, Beschwerde-Abläufe o.ä. können mitgebracht werden. Beispiele aus dem Alltag werden aus Zeitgründen nicht vertieft, helfen jedoch in der eigenen Vorbereitung vorab.


Literatur

1.
Rietfort A, Strohmer R. Akquise von SPs – Rekrutierung und Auswahl. In: Peters T, Thrien C, editors. Simulationspatienten. Handbuch für die Aus- und Weiterbildung in medizinischen und Gesundheitsberufen. Bern: Hogrefe; 2018. p.23-33.
2.
Nestel D, Fleishman C, Bearman M. Preparation: Developing Scenarios and Training for role portrayal. In: Nestel D, Bearman M, editors. Simulated Patient Methodology: Theory, Evidence and Practice. Chichester, UK: John Wiley & Sons Ltd; 2015. p.63-70. DOI: 10.1002/9781118760673.ch9 Externer Link
3.
Thiel A. Soziale Konflikte. Bielefeld: transcript Verlag; 2003. DOI: 10.14361/9783839400210-intro Externer Link