Artikel
Reflektierende Kommunikation – über das Subjektive im Zwischenraum der Ärzt:innen-Patient:innen-Beziehung
Suche in Medline nach
Autoren
Veröffentlicht: | 30. Juli 2024 |
---|
Gliederung
Text
Fragestellung/Zielsetzung: Das gesamte Bachelorstudium Humanmedizin an der ETH Zürich wird in „longitudinal curricula“ unterteilt. Das heisst, unterschiedliche Themenbereiche, die kontinuierlich aufeinander aufbauen, aus verschiedenen Blickwinkeln und auf unterschiedlichen inhaltlich-komplexen Ebenen behandelt werden. Einer dieser Tracks widmet sich dem Thema „Kommunikation“, welches im schweizerischen PROFILES Katalog [1] als Ziel definiert ist. Dieser longitudinale Track startet mit einer Einführung in die verschiedenen Gesprächstechniken bei der die Studierenden auf spielerische Art, mit Simulationspersonen aber auch mit echten Patient*innen üben können. Im Verlauf des Studiums lernen die Studierenden, wie in der Kommunikation mit Patient*innen die Prinzipien Selbstbestimmungsrecht, Patient*innenwohl und Schadensvermeidung praktisch umgesetzt werden, wie sie belastende Gespräche führen können, wie sie in interprofessionellen Teams kommunizieren etc. In der kritischen Evaluation dieses Tracks fällt jedoch auf, dass die Inhalte unzureichend sind und zudem ein wichtiger qualitativer Aspekt fehlt: Die Bedeutung der Selbstreflexion für die Kommunikation mit Patient*innen [2]. Gerade in Zeiten der hochtechnisierten Medizin soll ein Schwerpunkt auf eine konstruktivistische Perspektive [3] gelegt werden, wo Kommunikation weit mehr als nur ein Werkzeugkasten ist, der helfen soll, die relevanten Differenzialdiagnosen auszuarbeiten. In der Kommunikation werden reflektive Elemente integriert und unsere Beziehungen zum „anderen“ und uns selbst als wertvoller Fokus eingeführt. Aus diesem Grundgedanken heraus ist das Modul „Reflektierende Kommunikation“ entstanden, welches im Frühlingssemester 2024 (viertes Semester) zum ersten Mal durchgeführt wird.
Methoden: Das Modul beginnt mit einem interaktiven Kommunikationslabor. Nach einer Einführung in die wichtigsten theoretischen Grundlagen der Ärzt*innen-Patient*innen-Beziehung sollen die Studierenden dahingehend sensibilisert werden, dass es nicht nur um einen sprachsemantisch-zentrierten Ansatz geht. Ein besonderes Augenmerk wird auf die Wahrnehmung aller Sinneskanäle gelenkt: Wie erlebe ich die Szenerie? Welche emotionale Atmosphäre entsteht? Bin ich neugierig, ermüdet, in welcher Rolle finde ich mich wieder? Nach dieser Einführung wechseln die Studierenden in die klinische Praxis (Klinik Barmelweid) und üben Kommunikationserfahrungen mit stationären Patient*innen. Während das subjektive Erleben im Fokus steht, werden psychodynamische Modelle der Gegenübertragung erläutert, um so das „Selbst“ der Patient*innen zu erfassen. Ein weiteres Lernelement liegt in der Vermittlung der Grundlagen eines psychosomatischen Verständnisses, welches in eine ärztliche Identität integriert werden soll.
Ergebnisse: Da das Modul im Frühlingssemester 2024 zum ersten Mal durchgeführt wird, werden erste Erfahrungen auf dem Kongress berichtet.
Literatur
- 1.
- Michaud PA, Jucker-Kupper P; The Profiles working group. The “Profiles” document: a modern revision of the objectives of undergraduate medical studies in Switzerland. Swiss Med Wkly. 2016;146:w14270. DOI: 10.4414/smw.2016.14270
- 2.
- Karnieli-Miller O. Reflective practice in the teaching of communication skills. Patient Educ Couns. 2020;103(10):2166-2172. DOI: 10.1016/j.pec.2020.06.021
- 3.
- Bergman E, de Feijter J, Frambach J, Godefrooij M, Slootweg I, Stalmeijer R, van der Zwet J. A Guide to Research Paradigms Relevant to Medical Education. Acad Med. 2012;87(4):545. DOI: 10.1097/ACM.0b013e31824fbc8a