Artikel
Studiendauer und -leistung internationaler und deutscher Studierender in einzelnen Abschnitten des Medizinstudiums
Suche in Medline nach
Autoren
Veröffentlicht: | 11. September 2023 |
---|
Gliederung
Text
Fragestellung/Zielsetzung: Unter Studierenden der Humanmedizin werden außereuropäische Studierende als assoziiert zu schlechteren Prüfungsergebnissen und erhöhten Studiendauern beschrieben [1]. Um diese Befunde zu prüfen und möglichst differenzierter einordnen zu können, untersuchten wir, wie sich Prüfungsnoten und Studiendauer von außereuropäischen und deutschen Studierendengruppen am Standort Ulm gestalten.
Methoden: Zur Überprüfung dieser Frage wurden vorliegende Daten zu Prüfungsterminen und Prüfungsergebnissen von Medizinstudierenden gesammelt, die zwischen 2010 und 2012 ihr Studium an der Medizinischen Fakultät der Universität Ulm begonnen haben (N=840). Anschließend wurden Prüfungsergebnisse und Studiendauern einzelner Studienabschnitte (Vorklinik/Klinik) längsschnittlich entsprechend der Staatsangehörigkeit (deutsch/außereuropäisch) bis zum 2. Abschnitt der ärztlichen Prüfung anhand von Mann-Whitney-U-Tests miteinander verglichen.
Ergebnisse: Die außereuropäischen Studierenden schnitten in allen 4 untersuchten Prüfungsnoten im Vergleich zu den deutschen Studierenden signifikant schlechter ab (Differenz zwischen 0,5-1,0 Noten). Außerdem wiesen die außereuropäischen Studierenden einen größeren Zeitabstand zwischen Studienbeginn und dem 1. Abschnitt der ärztlichen Prüfung (MD= 4,4 Semester [SD=0,9], MAE=5,4 Semester [SD=1,3], p<0,001) sowie zwischen Studienbeginn und dem Zeitpunkt des 2. Abschnitts der ärztlichen Prüfung auf (MD= 10,9 Semester [SD=0,8], MAE=11,4 Semester [SD=1,0], p<0,01). Dagegen lag die Studiendauer außereuropäischer Studierender zwischen dem 1. und dem 2. Abschnitt der ärztlichen Prüfung zwar nicht signifikant, aber deskriptiv unter der Studiendauer der deutschen Studierenden (MD= 6,6 Semester [SD=0,7], MAE=6,5 Semester [SD=0,7]).
Diskussion: Das schlechtere Abschneiden bzgl. der Prüfungsnoten repliziert Ergebnisse anderer Studien [1]. Eine mögliche Erklärung für die Studienverzögerung der außereuropäischen Studierenden im vorklinischen Abschnitt besteht in einer insgesamt höheren Anforderung an diese Studierenden, bspw. durch die Auseinandersetzung mit einer anderen, neuen Kultur und Sprache [2]. Auch wenn die außereuropäischen Studierenden im klinischen Abschnitt eine tendenziell geringere Studiendauer aufweisen, kann diese die Verzögerung aus dem vorklinischen Studienabschnitt nicht ausgleichen. Gründe für eine Studienverzögerung können vielseitig sein (z.B. Akkulturation, Promotion, Auslandssemester) und müssen nicht mit Leistungsschwäche zusammenhängen [3]. Differenziertere Untersuchungen könnten dazu beitragen, geeignetere curriculare Strukturen sowie gezielte Unterstützungsangebote zu konzeptionieren, um Studienverzögerungen vorzubeugen.
Take Home Message: Außereuropäische Studierende weisen häufig schlechtere Prüfungsergebnisse, aber nicht in jedem Fall auch erhöhte Studiendauern auf.
Literatur
- 1.
- Huhn D, Resch F, Duelli R, Möltner A, Huber J, Karimian Jazi K, Amr A, Eckart W, Herzog W, Nikendei C. Examination performances of German and international medical students in the preclinical studying-term – a descriptive study. GMS Z Med Ausbild. 2014;31(3):Doc29. DOI: 10.3205/zma000921
- 2.
- Morris-Lange S. Allein durch den Hochschuldschungel: Hürden zum Studienerfolg für internationale Studierende und Studierende mit Migrationshintergrund. Berlin: Forschungsbereich beim Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration (SVR) GmbH; 2017. Zugänglich unter/available from: https://www.stiftung-mercator.de/content/uploads/2020/12/SVR_FB_Hochschuldschungel.pdf
- 3.
- Walldorf J, Fischer MR. Risk factors for a delay in medical education: Results of an online survey among four German medical schools. Med Teach. 2018;40(1):86-90. DOI: 10.1080/0142159X.2017.1395000