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Unterstützung von Wandlungsprozessen zur Bewältigung von Gewalterfahrungen werdender Hebammen im praktischen Einsatz
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Veröffentlicht: | 11. September 2023 |
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Gliederung
Text
Fragestellung/Zielsetzung: Studierende Hebammen können Gewalt in ihrem praktischen Einsatz im Kreißsaal erleben. Entweder indirekt als „Second Victims“ im Beobachten von Gewalt an Frauen während der Geburt [1] oder direkt als Gewalt am Arbeitsplatz. Letztere kann stattfinden in Form von verbalen Verletzungen, Demütigungen, Erniedrigung und ungenügender Kommunikation durch anleitende Hebammen [2].
Kann die theoretische Lehre studierende Hebammen auf potenzielles Gewalterleben vorbereiten und bei der Bewältigung des Erlebten unterstützen?
Methoden: Anhand einer qualitativen Querschnittstudie werden Leitfaden gestützte Interviews mit werdenden Hebammen und Jungen Hebammen (Examen<2 Jahre) (n=22) aus sechs Regionen Deutschlands geführt. Ein Einschlusskriterium ist das Erleben von Gewalt. Die Datenerhebung erfolgt nach dem Theoretical Sampling der Grounded Theory. Ein Ethikvotum der Universität zu Lübeck liegt vor. Als Datenauswertungsverfahren wird das offene, axiale und selektive Kodieren mit Hilfe von MAXQDA genutzt.
Ergebnisse: Die befragten werdenden Hebammen reagieren in ihren Kreißsaal-Einsätzen sehr betroffen auf das Erleben von Gewalt. Sie schildern Auswirkungen auf ihre physische und psychische Gesundheit. Auf ihrem Weg zum Hebamme-werden benötigen sie Verbändete. Dazu beschreiben sie Herausforderungen und Möglichkeiten der Unterstützung durch die theoretische Lehre.
Diskussion: Es existiert keine einheitliche Definition von Gewalt in der Geburtshilfe. Das Erleben von Gewalt liegt im Auge der Betrachtenden. So erleben die befragten werdenden Hebammen routinemäßig durchgeführte Interventionen im Kreißsaal an gebärenden Frauen als übergriffig. Werdende Hebammen sind betroffen und schockiert über ihre Gewalt-Erfahrungen im praktischen Einsatz im Kreißsaal [3]. Dies trifft sie meist unvorbereitet. Kommunikative und soziale Kompetenzen werden sowohl in der Versorgung von gebärenden Frauen, wie auch in der Anleitung von werdenden Hebammen im interdisziplinären geburtshilflichen Team benötigt.
Die Studierenden Hebammen erfahren im Theorie-Praxis-Theorie Transfer die Verknüpfung zwischen Lehre und Praxis. Um einen Wandel zu erreichen, kann in Theoriemodulen der Umgang mit dem Gewalterleben reflektiert werden.
Take Home Message: Die Verknüpfung von Theorie, Praxis und Lernenden kann die Reflexion des Erlebten unterstützen, um ein Bewusstsein für eine respektvolle Geburtshilfe zu schaffen.
Literatur
- 1.
- Bohren M A, Vogel J P, Hunter E C, Lutsiv O, Makh S K, Souza J P, Aguiar C, Coneglian FS, Diniz AL, Tunçalp Ö, Javadi D, Oladapo OT, Khosla R, Hindin MJ, Gülmezoglu AM. The Mistreatment of Women during Child-birth in Health Facilities Globally: A Mixed-Methods Systematic Review. PLoS Med. 2015;12(6):e1001847. DOI: 10.1371/journal.pmed.1001847
- 2.
- Boyle M, McKenna L. Paramedic and midwifery student exposure to workplace violence during clinical placements in Australia - A pilot study. Int J Med Educ. 2016;7:393-399. DOI: 10.5116/ijme.582e.ac04
- 3.
- Schöne B E F, Oblasser C, Stoll K, Gross MM. Midwifery students witnessing violence during labour and birth and their attitudes towards supporting normal labour: A cross-sectional survey. Midwifery. 2023;119:103626. DOI: 10.1016/j.midw.2023.103626