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Jahrestagung der Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA)

14.09. - 16.09.2023, Osnabrück

Erwerb ethisch-moralischer Kompetenzen im Medizinstudium am Beispiel stellvertretender Entscheidungen

Meeting Abstract

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  • presenting/speaker Katja Kühlmeyer - Ludwig-Maximilians-Universität München, Institut für Ethik, Geschichte und Theorie der Medizin, München, Deutschland

Jahrestagung der Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA). Osnabrück, 14.-16.09.2023. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2023. DocV-03-06

doi: 10.3205/23gma018, urn:nbn:de:0183-23gma0188

Veröffentlicht: 11. September 2023

© 2023 Kühlmeyer.
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Gliederung

Text

Fragestellung/Zielsetzung: Dieser Beitrag soll aufzeigen, welche ethisch-moralischen Kompetenzen im Medizinstudium entwickelt werden sollen. Er verfolgt damit das Ziel, den Kompetenzbegriff für die Ethik-Lehre, aber auch für andere Anlässe der Vermittlung wertebasierter beruflicher Orientierungen (z.B. Unterricht im Kontext von Professionalisierung und professioneller Identitätsentwicklung) zu konkretisieren und nutzbar zu machen.

Methoden: Zunächst wird der Kompetenzbegriff analysiert und für die Ethik-Lehre im Medizinstudium konkretisiert. Dabei wird das Konzept der moralischen Intelligenz herangezogen und für das klinische Handeln von Ärzt*innen spezifiziert. Die so identifizierten ethisch-moralischen Teilkompetenzen werden im nächsten Schritt mit den Lernzielen in der aktuellen Fassung des Nationale Kompetenzbasierte Lernzielkatalogs für die Medizin (NKLM) in Verbindung gebracht. Was konkrete Lernziele sein und wie sie erreicht werden können, wird exemplarisch am Beispiel der stellvertretenden Entscheidung für nicht-einwilligungsfähige Patient*innen verdeutlicht.

Ergebnisse: Es gibt mindestens fünf ethisch-moralische Kompetenzen, die für moralisch angemessenes, ethisch reflektiertes professionelles Handeln angehender Ärzt*innen angelegt sein müssen:

1.
die Fähigkeit zur Ausgestaltung eines professionellen moralischen Kompasses,
2.
die Ausrichtungsbereitschaft an professionsethischen Normen und Werten,
3.
die Fähigkeit zur Wahrnehmung moralischer Dimensionen ärztlichen Handelns,
4.
die Fähigkeit zum moralischen Urteilen anhand ethischer Überlegungen über das richtige Handeln und
5.
die Realisierungsbereitschaft ethisch begründeten Handelns.

Während ein Teil dieser Kompetenzen kognitive Fähigkeiten beschreiben, verweist ein anderer Teil auf tief verwurzelte (Wert-)Haltungen bzw. Einstellungen. Die Lernziele im NKLM 2.0, die ethisch-moralische Kompetenzen konkretisieren, adressieren manche dieser Teilkompetenzen stärker (z.B. 1.) und andere weniger (z.B. 5.). Ich zeige auf, wie diese Teilkompetenzen auf das Beispiel der stellvertretenden Entscheidungen übertragen und weiter konkretisiert werden können.

Diskussion: Die Konzeptualisierung ethisch-moralischer Kompetenzen kann dazu verwendet werden, Weiterentwicklungspotential im NKLM zu identifizieren und ein longitudinales Curriculum, zu entwickeln, das den Kompetenzerwerb über das gesamte Studium strukturiert. Auf dieser Basis können Lehrkonzepte für Kurse und Anlässe für die interdisziplinäre Zusammenarbeit Dozierender identifiziert werden.

Take Home Messages: Die Ausbildung ethisch-moralischer Kompetenzen ist keine exklusive Aufgabe der Lehre im Fach Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin, sondern liegt in der gemeinsamen Verantwortung aller Dozierenden an Medizinischen Fakultäten. Ziele dieser Aufgabe müssen klar sein, um die Zusammenarbeit strukturieren und ausrichten zu können.


Literatur

1.
Kühlmeyer, K, Wolkenstein, A, Schütz, M, Wild, V, Marckmann, G. Kompetenzorientierte Ethik-Lehre im Medizinstudium. Ethik Med. 2022;34(3):301-318. DOI: 10.1007/s00481-022-00718-6 Externer Link