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Jahrestagung der Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA)

09.09. - 12.09.2020, Zürich, Schweiz

Die Bedeutung eines multiperspektivischen Qualitätszirkels für die Verbesserung der Qualität der allgemeinmedizinischen Lehre in Deutschland

Meeting Abstract

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  • Marie-Theres Steffen - Eberhard Karls Universität Tübingen, Institut für Allgemeinmedizin und Interprofessionelle Versorgung, Tübingen, Deutschland
  • Stefanie Joos - Eberhard Karls Universität Tübingen, Institut für Allgemeinmedizin und Interprofessionelle Versorgung, Tübingen, Deutschland
  • Roland Koch - Eberhard Karls Universität Tübingen, Institut für Allgemeinmedizin und Interprofessionelle Versorgung, Tübingen, Deutschland

Jahrestagung der Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA). Zürich, 09.-12.09.2020. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2020. DocV-046

doi: 10.3205/20gma072, urn:nbn:de:0183-20gma0724

Veröffentlicht: 18. November 2020

© 2020 Steffen et al.
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Gliederung

Text

Fragestellung: Die Lehre in der Allgemeinmedizin (AM) stellt eine besondere Herausforderung dar, weil sie sowohl zentral (an der Universität) als auch dezentral (in Lehrpraxen) stattfindet. Trotz der zunehmenden Bedeutung der AM in der Medizinerausbildung [1], gibt es in Deutschland bisher nur wenige konkrete Modelle zur Qualitätssicherung dezentraler Lehre.

In Tübingen wurde als eine Qualitätssicherungsmaßnahme 2018 ein „Interprofessioneller Qualitätszirkel allgemeinmedizinische Lehre“ (IQZaL) gegründet, welcher als zentrales Steuerungs- und Evaluationsinstrument in alle AM-Lehrprozesse eingebunden ist. Am IQZaL nehmen Lehrärzt_innen, Pflegewissenschaftler_innen, Medizinstudierende, Medizindidaktiker, administrative und ärztliche Lehrkoordinator_innen teil.

Ziel der Studie ist es, die Arbeit des IQZaL systematisch zu untersuchen und ein Modell abzuleiten, welches zur Weiterentwicklung des Konzeptes und zur Implementierung an anderen Standorten dient.

Methoden: N=12 Teilnehmende des IQZaL wurden leitfadengestützt interviewt. Die Interviews wurden mit Beobachtungsprotokollen aus acht Monaten Arbeit des IQZaL ergänzt. Das Material wurde mit Grounded Theory ausgewertet, einem Ansatz aus der qualitativen Sozialforschung, welcher sich zur Analyse und Erstellung von Prozessabläufen und der Erstellung von Modellen eignet [2]. Die Transkripte wurden zunächst offen codiert. Anhand systematischer Fragen wurden Phänomene aus dieser Codierung abgeleitet und schließlich in einer selektiven Kategorie zusammengefasst.

Ergebnisse: Das so abgeleitete Modell beschreibt ein Spannungsfeld zwischen der Teilhabe Einzelner und deren Interaktion als Gruppe. Die Teilnehmenden bringen ihre Erfahrung mit Qualitätssicherung in den IQZaL ein. In dem strukturierten Spannungsfeld des Qualitätszirkels wird ad-hoc ein dynamisches Expertenwissen zur Qualitätssicherung ausgehandelt und konkret auf das Thema der Sitzung bezogen. Dabei werden auch über die einzelnen Sitzungen hinaus Reflektionen und kontinuierliche Lernprozesse auf individueller und institutioneller Ebene angestoßen.

Diskussion: Der IQZaL hat sich als geeignetes institutionelles Werkzeug zur Qualitätssicherung der AM-Lehre herausgestellt. Hierdurch wird die Komplexität dezentraler Lehre verstehbar, der Mangel an allgemeingültigen Konzepten der Qualitätssicherung kompensiert und dadurch handhabbar. Für die Leitung der Lehre bedeutet der IQZaL eine multiperspektivische Evaluation und Legitimation von Entscheidungen. Eine flächendeckende Implementierung des Konzeptes ist vorstellbar.

Take home messages:

  • Im Rahmen der Novellierung der ÄAppO steigt der Bedarf an Qualitätssicherung in der AM.
  • Ein multiperspektivischer Qualitätszirkel mit studentischer Beteiligung liefert wichtige Impulse für eine kontinuierliche Verbesserung der dezentralen Lehre.
  • Mit qualitativen Forschungsmethoden können Werkzeuge wie der IQZaL empirisch beforscht werden und so eine fundierte Grundlage für Qualitätssicherung in der dezentralen Lehre liefern.

Literatur

1.
Bundesministerium für Bildung und Forschung. Masterplan Medizinstudium 2020. Berlin: Bundesministerium für Bildung und Forschung; 2017.
2.
Marx G, Wollny A. Qualitative Sozialforschung – Ausgangspunkte und Ansätze für eine forschende Allgemeinmedizin, Teil 2: Qualitative Inhaltsanalyse vs. Grounded Theory. Z Allgemeinmed. 2009:467-476.