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Eine Studie zum Zusammenhang zwischen Stress, Achtsamkeit, Lebensstil und akademischer Leistung bei Studierenden der Humanmedizin
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Veröffentlicht: | 18. November 2020 |
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Fragestellung/Zielsetzung: Studierende der Humanmedizin zeigen im Verlauf ihres Studiums einen Anstieg von wahrgenommenem Stress [1], der zu schlechteren Ergebnissen im ersten Staatsexamen führen kann [2]. Stress kann jedoch durch achtsamkeitsbasierte Interventionen reduziert werden [3] Die vorliegende Studie untersucht daher, ob es einen Zusammenhang zwischen Stress, Achtsamkeit, dem Lebensstil und den Prüfungsleistungen gibt und ob durch eine achtsamkeitsbasierte Intervention der Stress reduziert und so die Studienleistung der Studierenden verbessert werden können.
Methoden: 108 Studierende nahmen an unserer Umfrage teil, bei der im ersten und dritten Semester Parameter zum Lebensstil erfasst und mittels validierter Fragebögen der wahrgenommene Stress (Perceived Stress Scale) und die Achtsamkeit (Mindfulness Attention and Awareness Scale) erhoben wurden. Zwischen den Befragungen wurde im zweiten Semester im Rahmen eines Wahlpflichtfachs mit 41 Studierenden eine sechswöchige achtsamkeitsbasierte Intervention durchgeführt. Zur Überprüfung der Studienleistungen wurden die Ergebnisse der Klausuren am Ende des ersten (Anatomie, Chemie, Biologie), zweiten (Anatomie) und dritten (Physiologie) Semesters erfasst.
Ergebnisse: Die Kontrollkohorte verzeichnete vom ersten zum dritten Semester einen signifikanten Verlust bei der Achtsamkeit und einen signifikanten Anstieg an Stress. Dabei korrelierte der empfundene Stress nicht nur negativ mit der Achtsamkeit, sondern auch mit den Klausurergebnissen in Physiologie. Zwischen der Achtsamkeit und den Prüfungsergebnissen gab es keine signifikanten Zusammenhänge. Die Interventionsgruppe zeigte weder einen Verlust von Achtsamkeit noch eine Zunahme von Stress und erzielte unmittelbar im Anschluss an die Intervention in der zweiten Anatomieklausur signifikant bessere Ergebnisse als die Kontrollen. Da die Interventionsgruppe aber bereits im ersten Semester geringfügig leistungsstärker war als die Kontrollen, ließ sich ein positiver Effekt der geringeren Stresszunahme auf die Klausurergebnisse im zweiten Semester nicht eindeutig nachweisen. Am Ende des dritten Semesters gab es keine signifikanten Unterschiede mehr zwischen den Klausurergebnissen von Kontroll- und Interventionskohorte.
Diskussion: Da die Interventionskohorte zum Studienbeginn leistungsstärker war als die Kontrollen, lässt sich nicht eindeutig festlegen, ob die Intervention selber oder aber das Bewusstsein von akademischer Leistungsfähigkeit einen Anstieg von Stress, bzw. den Verlust von Achtsamkeit verhindert haben. Folgestudien können hier Klarheit schaffen.
Take home messages: Achtsamkeitsbasierte Interventionen im Verlauf des vorklinischen Studienabschnitts der Humanmedizin helfen, die Zunahme von Stress und den Verlust von Achtsamkeit zu reduzieren – und möglicherweise auch die akademische Leistung zu verbessern.
Literatur
- 1.
- Ludwig AB, Burton W, Weingarten J, Milan F, Myers DC, Kligler B. Depression and stress amongst undergraduate medical students. BMC Med Educ. 2015;15:141. DOI: 10.1186/s12909-015-0425-z
- 2.
- Kötter T, Wagner J, Brüheim L, Voltmer E. Perceived Medical School stress of undergraduate medical students predicts academic performance: an observational study. BMC Med Educ. 2017;17(1):256. DOI: 10.1186/s12909-017-1091-0
- 3.
- de Vibe M, Solhaug I, Tyssen R, Friborg O, Rosenvinge JH, Sørlie T, Bjørndal A. Mindfulness training for stress management: a randomised controlled study of medical and psychology students. BMC Med Educ. 2013;13:107. DOI: 10.1186/1472-6920-13-107