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Jahrestagung der Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA)

09.09. - 12.09.2020, Zürich, Schweiz

Ein Vorschlag für ein Rahmenkonzept zur Analyse und Förderung interprofessioneller kollaborativer Aktivitäten

Meeting Abstract

  • Matthias Witti - Klinikum der Universität München, LMU München, Institut für Didaktik und Ausbildungsforschung in der Medizin, München, Deutschland
  • Jan Zottmann - Klinikum der Universität München, LMU München, Institut für Didaktik und Ausbildungsforschung in der Medizin, München, Deutschland
  • Birgit Wershofen - Klinikum der Universität München, LMU München, Institut für Didaktik und Ausbildungsforschung in der Medizin, München, Deutschland
  • Frank Fischer - Lehrstuhl für empirische Pädagogik und Pädagogische Psychologie der Ludwig-Maximilians-Universität München, Fakultät für Psychologie und Pädagogik, München, Deutschland
  • Martin Fischer - Klinikum der Universität München, LMU München, Institut für Didaktik und Ausbildungsforschung in der Medizin, München, Deutschland

Jahrestagung der Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA). Zürich, 09.-12.09.2020. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2020. DocP-014

doi: 10.3205/20gma057, urn:nbn:de:0183-20gma0572

Veröffentlicht: 18. November 2020

© 2020 Witti et al.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Gliederung

Text

Das Gesundheitswesen in Deutschland steht vor einschneidenden Veränderungen durch den demographischen Wandel und erfordert neue Versorgungskonzeptionen und eine Novellierung der Zusammenarbeit aller Berufsgruppen im klinischen Alltag. In der Konsequenz fordern Positionspapiere und Strategiepläne vom Sachverständigenrat bis zur WHO seit längerem die vermehrte Integration interprofessioneller Seminare in die Aus-, Fort- und Weiterbildung der Medizin sowie anderer Gesundheitsberufe [1]. Diese Forderung wird ebenfalls im Masterplan Medizinstudium 2020 aufgegriffen. Im Fokus stehen dabei das kompetenzorientierte Lehren und Lernen mit interprofessionellen Lehrinhalten sowie eine Intensivierung der Praxisorientierung. Allerdings fehlt der interprofessionellen Ausbildung bislang ein Rahmenkonzept, das es erlaubt, kollaborative Problemlöseprozesse über Professionen im Gesundheitswesen hinweg abzubilden.

Wir schlagen für die Darstellung und Operationalisierung von interprofessionellen kollaborativen Problemlösekompetenzen ein Rahmenkonzept vor (siehe Abbildung 1 [Abb. 1]), das von einem internationalen interprofessionellen Expertengremium entwickelt und konsentiert wurde. Es soll als Grundlage zur Analyse und Förderung interprofessioneller kollaborativer Problemlösungskompetenzen auf Mikro- (z.B. Patientenübergabe), Meso- (z.B. Teamzusammensetzung und Versorgungskontext) und Makroebene (z.B. Gesundheitssystem) dienen.

Das Rahmenkonzept orientiert sich an drei theoretischen Strängen: Zum einem an einem interdisziplinären Modell des Erwerbs diagnostischer Kompetenzen [2]. Der zweite Strang besteht aus den in der Literatur als Illness Scripts beschriebenen kognitiven Strukturen und Prozessen sowie dem daran anknüpfenden Konzept der internalen Kooperationsskripts, die als aktuelles Wissen eines Individuums um implizite und explizite Regeln für eine effektive und effiziente Zusammenarbeit verstanden werden können [3]. Letzterer Strang umfasst die kollaborative Problemlösungskompetenz: Zwei oder mehr Gesundheitsberufe versuchen, ein Problem zu lösen, indem sie ihr Wissen, ihre Fähigkeiten und Anstrengungen darauf fokussieren, zu einer gemeinsamen Lösung zu finden.

Für die Validierung und Weiterentwicklung des vorliegenden Rahmenkonzeptes sind Antworten auf vier Fragen notwendig, denen derzeit anhand laufender Promotionen aus dem Graduiertenkolleg „Interprofessionelle Lehre in den Gesundheitsberufen“ (ILEGRA) empirisch nachgegangen wird:

1.
Welche sozialen und kognitiven Prozesse sind für erfolgreiches Problemlösen in interprofessionellen Versorgungssettings zentral?
2.
Welche instruktionalen Maßnahmen beeinflussen die Ergebnisse der interprofessionellen Zusammenarbeit?
3.
Welche Kontextfaktoren wirken sich in welcher Weise auf den Kollaborationsprozess und seine Ergebnisse aus?
4.
Inwiefern besitzt das Rahmenkonzept für unterschiedliche Kollaborationssituationen Gültigkeit?

Literatur

1.
Walkenhorst U, Mahler C, Aistleithner R, Hahn EG, Kaap-Frohlich S, Karstens S, Reiber K, Stock-Schröer B, Scottas C. Position statement GMA Committee "Interprofessional Education for the Health Care Professions". GMS Z Med Ausbild. 2015;32(2):Doc22. DOI: 10.3205/zma000964 Externer Link
2.
Heitzmann N, Seidel T, Opitz A, Hetmanek A, Wecker C, Fischer M, Ufer S, Schmidmaier R, Neuhaus B, Siebeck M, Stürmer K, Obersteiner A, Reiss K, Girwidz R, Fischer F. Facilitating diagnostic competences in simulations: A conceptual framework and a research agenda for medical and teacher education. FLR. 2020;7(4):1-24. Zugänglich unter/available from: https://journals.sfu.ca/flr/index.php/journal/article/view/384 Externer Link
3.
Kiesewetter J, Kollar I, Fernandez N, Lubarsky S, Kiessling C, Fischer MR, Charlin B. Crossing boundaries in interprofessional education: A call for instructional integration of two script concepts. J Interprof Care. 2016;30(5):689-692. DOI: 10.1080/13561820.2016.1184238 Externer Link