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Über den Tellerrand hinaus: Studierende sehen Bedarf für die Behandlung von Schnittstellen im Medizinstudium
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Veröffentlicht: | 18. November 2020 |
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Zielsetzung: Der Fokus des Medizinstudiums liegt hauptsächlich auf der Vermittlung von Wissen und praktischen Fähigkeiten, während der Persönlichkeitsbildung und der Entwicklung des kritischen Denkens wenig Raum gegeben wird [http://www.nklm.de]. Die Literatur zeigt, dass interdisziplinäre Inhalte das kritische Denken, sowie die metakognitiven Fertigkeiten verbessern [1], [2]. Diese Studie ermittelt das Bedürfnis von Medizinstudierenden sich über den Tellerrand des Studiums hinaus mit Schnittstellen der Medizin zu beschäftigen und erstellt einen Vorschlag (Studium generale: Medizin+ /M+), um diese Lücke im Sinne des Masterplans Medizinstudium 2020 zu schließen.
Methoden: Zur Vorbereitung wurde ein Fokusgruppeninterview (FGI) mit 7 Studierenden des klinischen Abschnitts (w=3, m=4, M Alter =23.9) durchgeführt. Die Auswertung des 60 Minuten langen Interviews, das nicht direktiv mit einem Moderationsleitfaden durchgeführt wurde, erfolgte qualitativ und anhand von gemeinsam erstellten Schaubildern. Auf Basis dieses Interviews wurde eine cluster-randomisierte, repräsentative Querschnittsstudie erstellt, an der N=236 Studierende (Vorklinik: N=63, Klinik N=170, Rücklaufquote 96,8%) teilnahmen. Die papierbasierte Erhebung bestand aus insgesamt 50 Fragen, wurde mit EvaSys gestaltet und mit SPSS IBM 25 ausgewertet (ANOVA, T-Tests).
Ergebnisse: Das FGI zeigte, dass Studierende die Behandlung von Schnittstellen der Medizin im Studium wünschen und aktuell Fähigkeiten wie kritisches Denken im Studium wenig Beachtung finden. Die Analyse der Umfrage bestätigte bei 75% der Teilnehmer diesen Wunsch (Nein: 16,9%, NA: 8,1%). Darauf aufbauend erarbeiteten zehn Studierende des StEP (Studierenden Exzellenzprogramms der LMU München) das modulare Curriculum M+. Ziel ist die Ergänzung des Curriculums um einen fakultativen Kurs in dem Themen zur Allgemein- und Persönlichkeitsbildung, sowie die Rolle des Arztes aus verschiedenen Perspektiven, behandelt werden.
Die befragten Studierenden sind der Meinung, dass M+ Fähigkeiten wie kreatives, kritisches und interdisziplinäres Denken (alle p ≤ .001) signifikant fördert, aber auch die nichtmedizinische Allgemeinbildung unterstützen kann (Freitext, N=37). Die Mehrheit der Befragten würde sehr wahrscheinlich an M+ teilnehmen. Als zentrale Themen identifizierten die Studierenden Global Health (N=166, 70,3%), Politik (N=150, 63,5%) und Wirtschaft (N=136, 57,6%). Studierende der Vorklinik und Klinik unterschieden sich nicht bzgl. der gewünschten Themen (F(2,208)=5,218, p=0,023)), weshalb M+ über alle Semester angeboten werden sollte.
Schlussfolgerung: Die durch ein Fokusgruppeninterview vorbereitete Umfrage zeigt den Bedarf vieler Medizinstudierender, die Schnittstellen der Medizin mit anderen Fachgebieten zu ergründen. Ein longitudinales Curriculum wie M+ würde nach Einschätzung der Medizinstudierenden kreatives, kritisches und interdisziplinäres Denken im Sinne der Persönlichkeitsbildung und des NKLM fördern.