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Jahrestagung der Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA)

09.09. - 12.09.2020, Zürich, Schweiz

Praxis trifft Lehre – Entwicklung und Implementierung einer fallbasierten, interdisziplinären Sprechstunde im Modellstudiengang Humanmedizin 2018+ der Universität Witten/Herdecke

Meeting Abstract

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  • Jana Isfort - Universität Witten/Herdecke, Lehrstuhl für Innovation und Zusammenarbeit in der ambulanten Gesundheitsversorgung, Witten, Deutschland
  • Caroline Bongart - Universität Witten/Herdecke, Lehrstuhl für Innovation und Zusammenarbeit in der ambulanten Gesundheitsversorgung, Witten, Deutschland
  • Anne Barzel - Universität Witten/Herdecke, Lehrstuhl für Innovation und Zusammenarbeit in der ambulanten Gesundheitsversorgung, Witten, Deutschland

Jahrestagung der Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA). Zürich, 09.-12.09.2020. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2020. DocV-026

doi: 10.3205/20gma036, urn:nbn:de:0183-20gma0369

Veröffentlicht: 18. November 2020

© 2020 Isfort et al.
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Gliederung

Text

Fragestellung/Zielsetzung: Die im Masterplan 2020 geforderte Entwicklung eines kompetenzorientierten Medizinischen Curriculums rückt zurecht Patientenperspektive und interdisziplinäres Arbeiten in den Fokus [1]. Unser Ziel war es, die Expertise der in der ambulanten Gesundheitsversorgung tätigen Ärzt*innen und diversen Gesundheitsberufe ebenso wie die Patient*innen-Perspektive für Studierende erlebbar zu machen bevor sie in die spezialisierte, klinikbasierte Ausbildung gehen.

Methoden: Ausgehend von der im problemorientierten Lernen (POL) an der UW/H in der vorklinischen Ausbildung bereits etablierten POL-Sprechstunde Allgemeinmedizin entwickelten wir das Format eines interdisziplinären, an der ambulanten Versorgung konkreter Patient*innen orientierten Seminars. Im Dialog mit Studierenden wählten wir aus den paper case-basierten POL-Fällen die Themen aus, zu denen ein Praxisbezug explizit gewünscht wurde. Die neu entwickelte Struktur berücksichtigt die Kernelemente fallbasiert, interaktiv, problemorientiert, interdisziplinär und praxisnah. Jede Ambulante Gesundheitsversorgungs(AGV)-Sprechstunde beginnt mit einem Patienten/einer Patientin, gefolgt von einer gemeinsam erstellten Problemliste und endet mit einer Zusammenfassung. Das Dozententeam bilden jeweils ein Hausarzt/eine Hausärztin und zum jeweiligen Thema der Sprechstunde passend ein Experte/eine Expertin, die nach Möglichkeit aus ihrem Praxisalltag einen Patienten/eine Patientin mit in die Sprechstunde bringen. Curricular sind die AGV-Sprechstunden jeweils am Ende der Lernwoche vor dem nächsten POL-Fall platziert.

Ergebnisse: Für 27 der 47 in der Vorklinik eingesetzten POL-Fälle werden seit dem Sommersemester 2018 AGV-Sprechstunden angeboten. Für die Dozenten-Teams wurde ein Pool aus fünf Hausärztinnen, einem Orthopäden, Pädiater, Diabetologen, Endokrinologen, Urologen, einer Hebamme, zwei Physiotherapeutinnen und einem Sozialarbeiter aufgebaut. Entsprechend der POL-Fall-Themen kommen Patient*innen u.a. mit Rheuma, Muskeldystrophie, HIV, Asthma bronchiale, KHK, Hyperthyreose, Parkinson, TEP nach Oberschenkelhalsbruch in die AGV-Sprechstunden.

Diskussion: Die freiwillige Veranstaltung wird von den Studierenden gut angenommen, besonders hoch ist die Teilnahme im ersten Semester. Die Studierenden nutzen die Sprechstunde, um erlerntes Wissen anzubringen und zu vertiefen. In der Interaktion mit Patient*innen zeigen sie großes Interesse an deren Sichtweise auf ihre Erkrankung und die Akteure in der Gesundheitsversorgung. Inwieweit sie eine der ambulanten Gesundheitsversorgung gemäße Denkweise verinnerlichen, bleibt abzuwarten. Die Umsetzung der AGV-Sprechstunden erfordert ein hohes Maß an Organisation und bindet reichlich personelle Ressourcen.

Take home messages: Über die Vermittlung von Wissen hinaus haben AGV-Sprechstunden das Potential, Aspekte wichtiger Versorgungsaufgaben im Dialog mit Patient*innen und diversen Gesundheitsprofessionen praxisnah im vorklinischen Curriculum zu implementieren.


Literatur

1.
Wissenschaftsrat. Neustrukturierung des Medizinstudiums und Änderung der Approbationsordnung für Ärzte. Empfehlungen der Expertenkommission zum Masterplan Medizinstudium 2020. Drs. 7271-18. Köln: Wissenschaftsrat; 2018.