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Mitentwickeln statt absolvieren – ein Wahlfachkonzept jenseits klassischer Medizin-Klischees
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Veröffentlicht: | 18. November 2020 |
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Zielsetzung: Medizin gilt als lernintensives und überwiegend rezeptives Studienfach. Auch im Wahlfachbereich wird meist nach dem klassischen "Lehrer-Schüler-Prinzip“ unterrichtet, in dem Lehrende überwiegend agieren und Studierende meist nur passiv rezipieren.
Eine Alternative könnten Wahlfächer sein, in denen es nicht mehr nur um das rezeptive Lernen von Fachinhalten geht, sondern um die eigenverantwortliche, kreative Ausgestaltung elektronischer Lernumgebungen. Ziele sind eine proaktive Auseinandersetzung mit digitalen Medien und mit medizinischen Fachinhalten. Als positiver Nebeneffekt können hochwertige E-Learning-Inhalte für andere Studierende entstehen [1].
Methoden: Festgelegt wird bei diesem Konzept a priori nur die elektronische Lernumgebung mit der gearbeitet wird und nicht die zu bearbeitenden Inhalte. Im vorgestellten Piloten war dies die im Rahmen des MERLIN Projektes in Ulm entwickelte Lern- und Quiz-Anwendung „eMed App“ [2]. Die Studierenden analysierten zunächst Stärken und Schwächen der Anwendung und wählten dann passende Lerninhalte aus. Daraufhin erstellten die Studierenden ein Lehr-/Lernkonzept, das sowohl didaktisch als auch fachlich von Experten begleitet wurde, für das sie aber konzeptionell selbst die Autorenschaft innehatten. Der erstellte E-Learning-Content wurde in mehreren Feedbackrunden – auch von Peers – begutachtet und anschließend vom betroffenen Fach noch einmal auf Korrektheit geprüft.
Ergebnisse: Nach der Analyse der eMed App identifizierten die Studierenden ein kleineres klinisches Fach – in diesem Fall die Urologie – als passendes Projekt zur Umsetzung. Die Studierenden konzipierten zum einen kompakte Zusammenfassungen des Vorlesungsstoffes zur Klausurvorbereitung sowie Quizfragen, die jeweils in ein klinisches Fallszenario eingearbeitet wurden. Im Verlauf der Veranstaltung entstand so ein umfassendes Lehrangebot, dass von Fachvertretern aus der Urologie abgenommen wurde und zukünftig eingesetzt wird.
Diskussion: Der Pilot war in vielfacher Weise ein Erfolg. Die Teilnehmenden bewerteten das Konzept sehr positiv. Die Bereitsteller der eLearning Anwendung erhielten nützliche Rückmeldungen zur (Weiter-) Entwicklung der App. Außerdem erhielt das beteiligte Fach ohne großen Aufwand eLearning Inhalte, die auf ihre Veranstaltungen angepasst sind und nun von anderen Studierenden genutzt werden können. Will man ein solches Wahlfach durchführen, muss man sich als Dozierender darauf einlassen seinen fachlichen Komfortbereich zu verlassen und Kontakt mit anderen Fachdisziplinen aufnehmen. Dies greift den Wunsch nach mehr fächerübergreifenden Unterricht auf, wie er im Arbeitsentwurf der neuen ÄApprO zu finden ist.
Take home message: Das vorgestellte Seminarkonzept könnte das traditionelle Bild des passiv rezeptiven Studiengangs modifizieren. Durch die Bereitstellung von neuen Konzepten im Wahlpflichtprogramm, können Studierende zu aktiven und kreativen Weiterentwickler*innen in der Lehre und im Studiengang werden.
Literatur
- 1.
- Isaacs AN, Nisly S, Walton A. Student-generated e-learning for clinical education. Clin Teach. 2017;14(2):129-133. DOI: 10.1111/tct.12526
- 2.
- Heindl F, Mack M, Böckers A, Golenhofen N, Grab-Kroll C. Die eMed App – eine mobile Lern- und Quizanwendung für die Medizin [Bericht über Entwicklungsprozess]. In: Jahrestagung der Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA). Wien, 19.-22.09.2018. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2018. Doc12.3. DOI: 10.3205/18gma056