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Jahrestagung der Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA)

09.09. - 12.09.2020, Zürich, Schweiz

Bedürfnis nach kognitiver Geschlossenheit, Ambiguitätstoleranz und Perfektionismus bei Bewerber*innen für das Medizinstudium

Meeting Abstract

  • Julia Gärtner - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, III. Medizinische Klinik und Poliklinik, Sektion Ausbildungsforschung, Hamburg, Deutschland
  • Lisa Bußenius - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Institut für Biochemie und Molekulare Zellbiologie, Hamburg, Deutschland
  • Sarah Prediger - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, III. Medizinische Klinik und Poliklinik, Sektion Ausbildungsforschung, Hamburg, Deutschland
  • Daniela Vogel - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Prodekanat für Lehre, Hamburg, Deutschland
  • Sigrid Harendza - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, III. Medizinische Klinik und Poliklinik, Sektion Ausbildungsforschung, Hamburg, Deutschland

Jahrestagung der Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA). Zürich, 09.-12.09.2020. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2020. DocV-001

doi: 10.3205/20gma001, urn:nbn:de:0183-20gma0018

Veröffentlicht: 18. November 2020

© 2020 Gärtner et al.
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Gliederung

Text

Fragestellung/Zielsetzung: Mediziner*innen müssen täglich mit Unsicherheit umgehen, was ihnen eine hohe Ambiguitätstoleranz abverlangt. Wenn medizinische Entscheidungen in unklaren Situationen getroffen werden müssen, dann sind ein niedriges Bedürfnis nach kognitiver Geschlossenheit und ein hoher adaptiver Perfektionismus von Vorteil. Eine Erhebung solcher Persönlichkeitseigenschaften im Rahmen von Auswahlverfahren für das Medizinstudium erscheint daher sinnvoll. In unserer Studie haben wir uns das Bedürfnis nach kognitiver Geschlossenheit, die Ambiguitätstoleranz und den Perfektionismus bei angenommenen und abgelehnten Bewerber*innen im Rahmen ihrer Teilnahme an einem Multiple-Mini-Interview Auswahlverfahren angeschaut.

Methoden: Im August 2019 fanden im Rahmen des Auswahlverfahrens für Bewerber*innen Multiple-Mini-Interviews (HAM-Int) der Medizinischen Fakultät Hamburg statt. Insgesamt beantworteten 189 Teilnehmer*innen Fragen zur Multidimensionalen Perfektionismusskala von Hewitt&Flett (MPS-H), zur Multidimensionalen Perfektionismusskala von Frost (MPS-F), zur Skala der Ambiguitätstoleranz (TAS) und zur Skala des Bedürfnisses nach kognitiver Geschlossenheit (16-NCCS). Zudem wurden soziodemografische Daten erhoben. Nach der finalen Auswahlentscheidung wurden die Werte zum Bedürfnis nach kognitiver Geschlossenheit, zur Ambiguitätstoleranz und zum Perfektionismus zwischen den angenommenen und abgelehnten Bewerber*innen verglichen. Zudem wurde in einem binären Regressionsmodell die Vorhersagekraft des Bedürfnisses nach kognitiver Geschlossenheit im Hinblick auf die Auswahlentscheidung geprüft.

Ergebnisse: Verglichen mit den angenommenen Bewerber*innen zeigten die abgelehnten Bewerber*innen einen signifikant höheren Wert im Bedürfnis nach kognitiver Geschlossenheit (p=0,009). Das Bedürfnis nach kognitiver Geschlossenheit korrelierte signifikant positiv mit maladaptivem Perfektionismus (p<0,001) und signifikant negativ mit Ambiguitätstoleranz (p<0,001). Ein geringeres Bedürfnis nach kognitiver Geschlossenheit und ein höheres Alter wurden von einer positiven Auswahlentscheidung begleitet.

Diskussion: Für die Persönlichkeitseigenschaften Bedürfnis nach kognitiver Geschlossenheit, Ambiguitätstoleranz und Perfektionismus konnten wir Unterschiede und Korrelationen bei angenommenen und abgelehnten Bewerber*innen feststellen, die für die alltägliche medizinische Praxis Relevanz haben. Ergänzende Studien könnten diese Aspekte bei angenommenen Bewerber*innen longitudinal in Bezug auf die Studienleistung explorieren.

Take home messages: Bedürfnis nach kognitiver Geschlossenheit, Ambiguitätstoleranz und Perfektionismus sind wichtige Größen, die bei der Studierendenauswahl und bei der longitudinalen Entwicklung von Medizinstudierenden beachtet werden sollten.