Artikel
Eignet sich Resilienz als Prädiktor für Prüfungsleistungen und -sorgen im Physikum?
Suche in Medline nach
Autoren
Veröffentlicht: | 20. September 2019 |
---|
Gliederung
Text
Einleitung: Die Prävalenz psychischer Beeinträchtigungen bei Medizinstudenten ist höher als in der Allgemeinbevölkerung [1]. Die psychische Stabilität ist deshalb als Auswahlkriterium für die Zulassung zum Medizinstudium diskutiert worden [2]. Es liegen bislang nur unzureichende Daten über Resilienzmittelwerte von Medizinstudierenden sowie deren Auswirkung auf Erfolg und Belastung im Studium vor. Ziel der Studie war, einen möglichen Zusammenhang zwischen Resilienz und den Prüfungsleistungen und -sorgen im 1. Staatsexamen (=Physikum) herzustellen, da dieses als besonders belastend gilt.
Material und Methoden:
Studiendesign: Im Herbst 2018 wurde eine online Befragung aller Humanmedizinstudierender der LMU München durchgeführt, die im Sommer am mündlichen und schriftlichen Physikum teilgenommen hatten.
Stichprobe: Bei der Auswertung wurden nur vollständig ausgefüllte Fragebögen berücksichtigt. Die finale Stichprobe umfasste 222 Teilnehmer, der überwiegende Anteil war weiblich (weiblich: 70,3%, männlich: 29,7%). Das Durchschnittsalter lag bei 22,50±3,62.
Messinstrumente: Der online Fragebogen enthielt neben demographischen Angaben (Alter, Geschlecht) die Resilienzskala RS-11 von Schumacher et al. [3]. Zudem wurden Prüfungsleistungen im schriftlichen und mündlichen Physikum über Schulnoten abgefragt. Die Teilnehmer schätzen das Ausmaß ihrer Prüfungssorgen getrennt für schriftliches und mündliches Phyiskum auf einer 7-stufigen Likert-Skala ein.
Statistische Auswertung: Statistische Analysen wurden mithilfe des Statistical Package for the Social Sciences (SPSS) Version 25.0 durchgeführt. Resilienzmittelwerte der Teilnehmer wurden mit Werten der Allgemeinbevölkerung verglichen. Mithilfe des Korrelationskoeffizienten nach Pearson (rp) wurden Resilienzscores mit Prüfungsleistungen und mit Prüfungssorgen korreliert. Prüfungssorgen und -leistungen wurden jeweils getrennt für schriftliches und mündliches Physikum untersucht.
Ergebnisse: Der Mittelwert der Resilienz lag bei 62,9±5,989. Dabei ergaben sich keine signifikanten Unterschiede zwischen männlichen und weiblichen Teilnehmern. Resilienzscores korrelierten weder mit Leistungen im schriftlichen (rp=0,149) und mündlichen (rp=0,145) Physikum noch mit Prüfungssorgen vor dem schriftlichen (rp=0,228) und mündlichen (rp=0,252) Physikum.
Schlussfolgerung: Die Resilienzmittelwerte der Teilnehmer unterschieden sich nicht von dem der Normalbevölkerung (3), eine verminderte Resilienz scheint somit nicht verantwortlich für die erhöhte Stressbelastung im Medizinstudium zu sein. Die Diskussion von Kompetenzen und Persönlichkeitseigenschaften als zusätzliche Zulassungskriterien zum Medizinstudium mag durchaus sinnvoll sein. Die Resilienz ist hierfür jedoch ungeeignet, da kein Zusammenhang mit Prüfungsleistungen oder -sorgen gezeigt werden konnte.
Literatur
- 1.
- Dinkel A, Berth H, Balck F. Belastungen und psychische Beschwerden von Medizinstudierenden: ein Überblick. In: Brähler E, Alfermann D, Stiller J, editors. Karriereentwicklung und berufliche Belastung im Arztberuf. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht; 2008. p.11-35.
- 2.
- Scholz M, Burger P, Paulsen F. Auswahl von Medizinstudierenden: Sollen, können – und aushalten. Dtsch Arztebl. 2018;115(41):A-1799/B-1514/C-1500. Zugänglich unter/available from: https://www.aerzteblatt.de/archiv/201665/Auswahl-von-Medizinstudierenden-Sollen-koennen-und-aushalten
- 3.
- Schumacher J, Leppert K, Gunzelmann T, Strauß B, Brähler E. Die Resilienzskala - Ein Fragebogen zur Erfassung der psychischen Widerstandsfähigkeit als Personenmerkmal. Z Klin Psychol Psych Psychother. 2005;35:16-40.