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Interprofessionelle Weiterbildung in der Akutmedizin: Peer-Support lehren und lernen
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Veröffentlicht: | 20. September 2019 |
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Einleitung: In der Akut- und Notfallmedizin arbeiten verschiedene Berufsgruppen unter höchsten Anforderungen Hand in Hand. Das hohe Maß an Verantwortung für Patient*innen in Ausnahmesituationen sowie das Hinterfragen des eigenen beruflichen Handelns in einer Extremsituation stellen potentiell belastende Faktoren dar. Wie belastend ein schwerwiegendes berufliches Ereignis empfunden wird, scheint abhängig von vorhandenen Coping-Strategien und somit von der individuellen Resilienz zu sein [1].
Peer-Support, also kollegiale Ansprechpartner, die eine individuelle Begleitung mit niedrigschwelliger, kognitiv ausgerichteter Nachsorge anbieten, scheinen einen positiven Einfluss auf die Coping-Strategien zu haben. Aktuell werden Peer-Support-Systeme in deutschen Kliniken kaum oder bestenfalls unstrukturiert angeboten. Das durch PSU-Akut e.V. modifizierte Programm der psychosozialen Unterstützung für Einsatzkräfte (PSNV-E) basiert auf dem Peer-Gedanken im klinischen Kontext. Ziel des Trainings sind „Peers auf Augenhöhe“, um einen salutogenetischen Umgang mit potentiell traumatisierenden Erfahrungen zu etablieren. Das Training wird wissenschaftlich mit Fragebögen als Prä- und Post-Messungen (t0, t1, t2) begleitet.
Methoden: Auf Basis bestehender PSNV-E-Programme wurde ein klinisches Peer-Support-System weiterentwickelt und pilotiert. Die Trainings fanden an Projektkliniken des PSU-Akut-Netzwerkes in Oberbayern statt. Bislang liegen Daten von N=14 Teilnehmenden (weiblich: 71.4%, interdisziplinär) vor. Der verwendete Fragebogen besteht aus 28 Items (5er Likert-Skala), aufgeteilt in 5 Sub-Skalen (Cronbachs alpha: .7 - .9).
Ergebnisse: Die Teilnehmenden der Peer-Support-Trainings bewerten auf der 5er Likert-Skala (5=Stimme voll und ganz zu) die inhaltliche Seminarstruktur durchschnittlich mit 4.3 (SD=.45). Die Lernziele (z.B. Strategien zum Umgang mit belastenden Erlebnissen) sowie die strukturellen Rahmenbedingungen wurden mit M=4.3 (SD=.4) geratet. Die Möglichkeiten der Gesprächsangebote wurden im Mittel mit 4.4 (SD=.3) bewertet. Es zeigte sich, dass die Teilnehmenden ihre Rolle als Peer mit einem mittleren Maß an Unsicherheit reflektieren (M=3.3; SD=.6). Erste Analysen der Post-Messungen nach 3 Monaten (t2) lassen vermuten, dass die Unsicherheit in der Peer-Rolle durch das Trainingsangebot und die Nachbegleitung gut aufgefangen und mit handlungspraktischen Strategien verbessert werden kann. Zum Zeitpunkt der Konferenz werden Daten aus diesen Messungen präsentiert werden können.
Schlussfolgerung: Das entwickelte Peer-Support-Training stößt auf positive Resonanz. Die Teilnehmenden scheinen von den Trainingsinhalten handlungspraktisch sowie psychosozial zu profitieren. Aktuell wird das Trainingsangebot für ein nationales Angebot vorbereitet. Dafür wird ein Train-the-Trainer-Programm entwickelt, um zukünftig mehr Kolleginnen und Kollegen unterschiedlicher Gesundheitsprofessionen wissenschaftlich fundierte Möglichkeiten der psychosozialen Begleitung anbieten zu können.