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Implementierung und Evaluation eines integrierten, longitudinalen Curriculums zu genderspezifischen Lehrinhalten in der medizinischen Ausbildung
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Veröffentlicht: | 31. August 2015 |
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Fragestellung/Einleitung: Gender Medizin hat in den vergangenen 20 Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen. Allerdings sind die wissenschaftlichen Erkenntnisse der gender- bzw. geschlechts-spezifischen Patientenversorgung bisher nur unzureichend in die Ausbildung angehender Medizinerinnen und Mediziner integriert worden [1]. An der Universität Ulm war es daher unser Ziel klinisch relevante Aspekte der Gender Medizin ohne Erhöhung der „study load“ in das bestehende Pflichtcurriculum zu integrieren und langfristig zu einem natürlichen Bestandteil einer zeitgemäßen medizinischen Ausbildung werden zu lassen.
Methoden: Daher wurde an der Universität Ulm ein interdisziplinäres longitudinal angelegtes Gender-Basiscurriculum entwickelt und im WS 2012/13 implementiert, bei dem die Teilnehmer die additive Schlüsselqualifikation „Genderkompetenz“ erwerben können. Im WS 13/14 und SS 2014 wurden prospektiv und geschlechtergetrennt Evaluationsdaten zweier Querschnittsanalysen dieses Basiscurriculums erhoben (1. und 5. Fachsemester) und analysiert.
Ergebnisse: Zusammenfassend ist es uns gelungen, ein Gender Basiscurriculum erfolgreich interdisziplinär und longitudinal ins Pflichtcurriculum zu integrieren. Das neue Lehrangebot wurde von mehr als 80% der Studierenden genutzt. Die Analyse der Evaluationsdaten ergab ein überwiegend (75,5%) positives Votum der Studierenden, allerdings gaben nur rund die Hälfte der Befragten an, Neues gelernt zu haben bzw. schätzen die Genderinhalte als relevant für ihre ärztliche Tätigkeit ein. Auffallend war die signifikant geringere Akzeptanz bei Studierenden im höheren Semester (88,2% vs 55,2%) bzw. bei männlichen Teilnehmern.
Diskussion/Schlussfolgerung: Unsere Evaluationsergebnisse machen bei einem insgesamt positiven Votum auch Ablehnung bzw. Widerstände bei den Studierenden bezüglich der Integration von Genderinhalten in die medizinische Ausbildung deutlich. Die Haltung der befragten Studierenden war geschlechts- und semesterabhängig. Genauere Untersuchungen zur longitudinalen Entwicklung der studentischen Haltung zu Genderinhalten im Studienverlauf und der jeweiligen Einflussfaktoren sind hier zwingend erforderlich.