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Jahrestagung der Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA)

26.09. - 28.09.2013, Graz, Österreich

Ethics Literacy als Konzept zur Vermittlung von Ethikkompetenzen. Beispiel einer Ethik-Universität für Schüler zum Thema „Regenerative Medizin“

Vortrag

  • corresponding author Irene Hirschberg - Medizinische Hochschule Hannover, Institut für Geschichte, Ethik und Philosophie der Medizin, Hannover, Deutschland
  • Gerald Neitzke - Medizinische Hochschule Hannover, Institut für Geschichte, Ethik und Philosophie der Medizin, Hannover, Deutschland
  • Annika Baum - Medizinische Hochschule Hannover, Institut für Geschichte, Ethik und Philosophie der Medizin, Hannover, Deutschland
  • Gabriele Seidel - Medizinische Hochschule Hannover, Hannover, Deutschland
  • Antje Bütehorn - Medizinische Hochschule Hannover, Hannover, Deutschland
  • Marie-Luise Dierks - Medizinische Hochschule Hannover, Hannover, Deutschland
  • Daniel Strech - Medizinische Hochschule Hannover, Institut für Geschichte, Ethik und Philosophie der Medizin, Hannover, Deutschland

Jahrestagung der Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA). Graz, 26.-28.09.2013. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2013. DocV10_05

doi: 10.3205/13gma209, urn:nbn:de:0183-13gma2090

Veröffentlicht: 20. August 2013

© 2013 Hirschberg et al.
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Gliederung

Text

Im Rahmen des BMBF-geförderten Diskursprojekts „Ethics Literacy in Adolescents and Young Adults“ (ELYA) veranstaltete das Autorenteam an der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) in 2012/2013 zweimal eine Ethik-Universität (vier Termine á 4 Unterrichtseinheiten) zu moralischen Fragen der Regenerativen Medizin. Zielgruppe waren Schüler von (Fach-) Gymnasien, Krankenpflegeschulen und Berufsbildenden Schulen.

Die Ethik-Universität diente als Praxistest zur Validierung und Evaluation des Konzepts einer „Ethics Literacy“ zur Vermittlung von Ethikkompetenzen.

Der Konzeptvorschlag einer Ethics Literacy basiert auf der Synthese des Health Literacy Konzeptes und der Konzeption einer „Ethikexpertise“ nach Dieter Birnbacher und besteht aus drei Dimensionen: Die funktionale Ebene der 1) Information umfasst die Kenntnis zum jeweiligen Sachstand und zu normativer Theorie (z.B. ethische Prinzipien, Werte, Fallbeispiele). Die Ebene der 2) Interaktion spricht Fähigkeiten an wie die Empathie für die Standpunkte anderer, Ambiguitätstoleranz (Aushalten von Mehrdeutigkeiten und Ambivalenzen) und Zurückhalten spontaner moralischer Urteile sowie eine Konfliktmediation. Bei der Begründung einer Position sind die unter der Ebene 3) Reflexion gefassten „kognitiven Qualitätsstandards“ wie Explizitheit/Transparenz und logische Stimmigkeit/Konsistenz zu berücksichtigen.

Nach dem Konzept von Ethics Literacy bedarf es der Schulung aller drei Ebenen, um eine fundierte und diskursiv ermittelte Meinungsbildung zu ethischen Fragestellungen zu entwickeln. Darauf zielten die didaktischen Formate der Ethik-Universität: Neben Experten-Vorträge wurden interaktive Lernstationen mit Präparaten, Modellen oder Kurzfilmen zur bedarfsorientierten Vertiefung des eigenen Wissens sowie Kleingruppenarbeiten zu ethischen Fragen (u.a. anhand einer Fallvignette zum therapeutischen Klonen und einem Planspiel zur Verteilung von Forschungsgeldern) einbezogen. Dabei wurden die Schüler von speziell geschulten studentischen Tutoren (Medizinstudierende aus dem 4./5. Studienjahr) kontinuierlich betreut. Die Tutoren hatten ihrerseits durch ihre Mitwirkung an der Ethik-Universität die Möglichkeit, ihre Rolle als Tutor und angehender Arzt und ihre Einstellung zur Medizin zu reflektieren und ihre Ethikkompetenzen zu erweitern.

Neben einer Basisevaluation der Veranstaltungsreihe wurde das Konzept der Ethics Literacy am letzten Veranstaltungstag quantitativ (Fragebogen) und qualitativ (Gruppendiskussion) den Teilnehmern der Ethik-Universität bewertet. Abgezielt wurde auf die 1) Validierung/Ergänzung des Ethics Literacy -Konzepts sowie 2) Methodik/Didaktik, also hindernde und fördernde Faktoren zum Denken (Reflexion), zur Beteiligung (Interaktion) und zum Wissenserwerb (Information).

Die Evaluationsergebnisse werden detailliert vorgestellt. Sie bestätigen die Eignung des Konzepts der Ethics Literacy, das damit auch im Medizinstudium Anwendung finden könnte.