gms | German Medical Science

Jahrestagung der Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA)

05.10. - 08.10.2011, München

Effekte von medizinischen Austauschprogrammen auf fachspezifische Kompetenzen und Bildungsverläufe

Poster

Jahrestagung der Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA). München, 05.-08.10.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11gma208

doi: 10.3205/11gma208, urn:nbn:de:0183-11gma2082

Veröffentlicht: 26. September 2011

© 2011 Göb et al.
Dieser Artikel ist ein Open Access-Artikel und steht unter den Creative Commons Lizenzbedingungen (http://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/3.0/deed.de). Er darf vervielfältigt, verbreitet und öffentlich zugänglich gemacht werden, vorausgesetzt dass Autor und Quelle genannt werden.


Gliederung

Text

Fragestellung: Gerade im Fachbereich Medizin finden sich zahlreiche Austauschprogramme mit Entwicklungsländern um Kompetenzen und Bildungsverläufe der Teilnehmer nachhaltig zu beeinflussen. Dabei beschreiben die Teilnehmer oft Perspektivenwechsel als prägende Erfahrung (vgl. [5]).

Auf Basis der Cognitive Flexibility Theory (vgl. [6]) und der Taxonomie nach Anderson und Krathwohl [1] wurden in Fragestellung eins deshalb zunächst Kompetenzerwerbsprozesse durch Perspektivenwechsel untersucht. In Fragestellung zwei wurden weiterhin Effekte von Perspektivenwechsel auf fachspezifische Kompetenzen betrachtet. Fragestellung drei beschäftigte sich schließlich auf Basis der Berufslaufbahntheorie von Super [7] und den Annahmen zu beruflichen Entscheidungsprozessen von Mitchell und Krumboltz [3] mit Effekten von Perspektivenwechsel auf den Bildungsverlauf.

Methoden: Die Fragestellungen wurden mit einer qualitativen und quantitativen Studie anhand der äthiopischen Teilnehmerseite des medizinischen Austauschprogramms zwischen der Jimma University in Äthiopien und der LMU München untersucht. Die Stichprobe der qualitativen Studie bestand aus N=10, wobei 5 ehemalige Teilnehmer und 5 vergleichbare äthiopische Nicht-Teilnehmer in Leitfadeninterviews hinsichtlich Perspektiven und Kompetenzen für Mediziner [2] befragt wurden. Die ehemaligen Teilnehmer erhielten zudem Fragen zu den Erfahrungen im Austausch, zu kognitiver Flexibilität [4] und zum weiteren Bildungsverlauf. Ausgewertet wurden die Daten mit der qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring. In einem darauf aufbauendem quantitativen Online-Fragebogen wurden die Selbsteinschätzungen zu medizinischen K und kognitiver Flexibilität anhand einer Stichprobe von N=27 äthiopischen Medizinern, davon 9 als Kontrollgruppe erhoben. Die Experimentalgruppe erhielt zudem Items zu Karriereentscheidungen.

Ergebnisse: Durch die Triangulation der Daten konnte zu Fragestellung eins gezeigt werden, dass Kompetenzerwerbsprozesse durch Perspektivenwechsel erfolgen. Effekte auf fachspezifische Kompetenzen wurden nicht ermittelt. Allerdings legen die qualitativen Befunde eine Beeinflussung vor allem von fächerübergreifenden Kompetenzen und kognitiver Flexibilität nahe. Bezogen auf Bildungsverläufe zeigte sich qualitativ eine Beeinflussung und quantitativ ein signifikanter Effekt. Gerade die Befürchtung, dass die Erfahrung im Ausland die Abwanderung von Akademikern der Entwicklungsländer fördert, konnte nicht bestätigt werden.

Schlussfolgerung: Insgesamt wurden positive Effekte von Austauschprogrammen ermittelt. Bei der Untersuchung von fachspezifischen Kompetenzen muss beachtet werden, dass sie auf Selbsteinschätzungen basieren und somit stark verzerrt sein könnten. Zudem sollte aufgrund hoher Beliebigkeit der Erwerbsprozesse, der Fokus auch auf die strukturierte Vor- und Nachbereitung dieser zum bewussten Einsatz von Perspektivenwechsel gelegt werden.


Literatur

1.
Anderson LW, Krathwohl DR. A taxonomy for learning, teaching, and assessing: A revision of Bloom's taxonomy of educational objectives. New York [u.a.]: Longman; 2001.
2.
Cumming A, Ross M. The Tuning Project for Medicine - learning Outcomes for Undergraduate Medical Education in Europe. Med Teach. 2007;29(7):636-641. DOI: 10.1080/01421590701721721 Externer Link
3.
Krumboltz JD. A social learning theory of career decision-making. In Mitchel AM, Jame GG, Krumbolz JD (Hrsg). Social learning and decision-making. Cranston, RI: Caroll Press; 1979. S.19-49.
4.
Martin MM, Rubin RB. A new measure of cognitive flexibility. Psych Report. 1995;76:623-626.
5.
Sidhu RK. Universities and globalization. Mahwah, N.J.: Erlbaum Associates; 2006..S.292
6.
Spiro RJ, Coulson RL, Feltovich PJ, Anderson D. Cognitive flexibility theory: Advanced knowledge acquisition in ill-structured domains. In Patel V (Hrsg). Proceedings of the 10th Annual Conference of the Cognitive Science Society. Hillsdale, New Jersey: Erlbaum; 1988.
7.
Super DE. A theory of vocational development. Am Psychol. 1953;8(5):185-190. DOI: 10.1037/h0056046 Externer Link