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Effektivität eines Tutoriats von Erstsemestern durch Studierende höherer Semester (NePAL) - eine cluster-randomisierte kontrollierte Studie
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Veröffentlicht: | 5. August 2010 |
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Einleitung: Das erste Semester stellt im Medizinstudium besondere Herausforderungen. Die ungewohnte Atmosphäre, der neue Ort und der geänderte Tagesablauf mit vielen zusätzlichen Aufgaben kommen zu einer immensen Zunahme der Lernbelastung hinzu. In dieser Situation erscheinen erfahrenere Studierende besonders geeignet den neuen Studierenden notwendiges organisatorisches und inhaltliches Wissen und Verhalten zu vermitteln, sogenanntes „near peer-assisted learning“.
Am Fachbereich Medizin der Goethe Universität in Frankfurt am Main unterrichten seit 2006 erfahrenere Studierende ehrenamtlich jüngere Studierende des 1. vorklinischen Semesters im „near peer-assisted learning“ Programm (NePAL).
Diese kontrollierte Studie im Rahmen des Wintersemesters 2009/10 sollte primär klären, ob durch die Teilnahme mehr Erstsemester die Abschlussklausuren in Anatomie, Chemie und Physik bestehen.
Methode: In dieser cluster-randomisierten Studie am Fachbereich Medizin der Goethe-Universität in Frankfurt erhielten alle Studierenden, die das Medizin- oder Zahnmedizinstudium am Fachbereich begannen die Möglichkeit sich als Einzelpersonen oder Kleingruppen mit maximal 6 Studierenden anzumelden.
Die Studierenden der Interventionsgruppen erhielten zusätzlich wöchentliche ehrenamtliche Tutoriate nach festgelegtem Inhaltsplan für jeweils zwei bis drei Stunden durch erfolgreiche Medizinstudierende höherer Semester. Kernpunkte waren die Besprechung von Lern- und Verständnisproblemen, Hilfestellung im Studierendenalltag, inhaltliches Lernen des aktuellen Stoffs, sowie die Klausurvorbereitungen. Die Kontrollgruppe folgte dem regulären Studienprogramm ohne Tutoriate. Der primäre Endpunkt war das Bestehen der Klausuren in Anatomie, Chemie und Physik und wurde mit dem Fisher-Exakt-Test zwischen den Gruppen verglichen. Aufgrund drei primärer Vergleiche wurde nach Bonferroni-Korrektur alpha für den primären Endpunkt auf p=0,016 gesetzt.
Resultate: Insgesamt haben 383 von 533 Erstsemesterstudierenden freiwillig teilgenommen (71,9%). Diese wurden der Interventionsgruppe (33 Gruppen, n = 198) oder der Kontrollgruppe (31 Gruppen, n = 185) zugeordnet.
In einer intention-to-treat-Analyse haben die Teilnehmer der Intervention gegenüber der Kontrollgruppe hochsignifikant (p=0,000001) häufiger die untersuchten Klausuren bestanden.
Die Anatomieklausur haben 78,8% der Interventions- aber nur 50,8% der Kontrollgruppe bestanden, die Chemieklausur haben 94,9% bzw. 57,3% bestanden und die Physikklausur 92,0% gegenüber 66,5%. Dies entspricht jeweils einer number-needed-to-treat von 4, 3 und 4.
In der Interventionsgruppe haben nur 5 Studierende die Teilnahme vorzeitig wegen Zeitmangel (2) oder Anfahrtsweg (3) beendet. Die Kontrollgruppe konnte definitionsgemäß bis zum Semesterende nicht verlassen werden.
Zusammenfasung: Im Frankfurter Modell NePAL konnte die Effektivität eines zusätzlichen „near peer-assisted learning“ Angebotes für Erstsemester eindrucksvoll belegt werden. Das Programm wurde akzeptiert.