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Experts are always right? - epistemologische Überzeugungen Studierender im Modellstudiengang Medizin der Privaten Universität Witten/Herdecke
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Veröffentlicht: | 5. August 2010 |
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Fragestellung: Unter epistemologischen überzeugungen versteht man die überzeugungen eines Lerners bezüglich des Wissenserwerbs und der Natur des Wissens selbst [1]. Diese überzeugungen lassen sich in verschiedenen Dimensionen darstellen. Eine Darstellungsform ist die von Moschner und Gruber [2], die acht Dimensionen vorschlagen: Sicherheit von Wissen, Umgang mit Autoritäten, reflexive Natur von Wissen, soziale Komponenten von Wissen, Wertigkeit von Wissen, geschlechts- und kulturspezifische Wissenszugänge und Lernen lernen. Wissenschaftliche Studien zeigen, dass epistemologische überzeugungen Einfluss auf Denken und Problemlösen haben [3], [4][. Gleichzeitig lässt sich als umgekehrter Einfluss annehmen, dass bestimmte Lehr-Lernformen die epistemologischen überzeugungen beeinflussen. Im Modellstudiengang Medizin an der Privaten Universität Witten/Herdecke (UW/H) findet eine praktische und an Problemen orientierte Ausbildung statt; vom ersten Semester an wird problemorientiert und mit engem Bezug zur Praxis gelehrt und gelernt. Welchen Einfluss haben diese Lehr-Lernformen auf epistemologische überzeugungen von Studierenden in fortgeschrittenen Studienjahren?
Methodik: 32 Medizin-Studierende (21 weiblich, 11 männlich) des fünften und sechsten Studienjahres wurden mit dem Fragebogen zur Erfassung epistemologischer überzeugungen (FEE) befragt [5]. Auf einer sechsstufigen Skala (1 "stimmt gar nicht" bis 6 "stimmt genau") sollten Items zu den acht o.g. Dimensionen beantwortet werden. Die Dimensionen wurden als Subskalen behandelt, einer Relabilitätsanalyse unterzogen und deskriptiv ausgewertet.
Ergebnisse: Es zeigen sich überdurchschnittlich hohe Werte in den Subskalen "Reflexive Natur von Wissen" (M=5,36; SD=2,36) und "Lernen lernen" (M=5,03; SD=2,49).
Schlussfolgerungen: Deskriptiv lassen sich Zusammenhänge zwischen den Dimensionen "Reflexive Natur von Wissen" und "Lernen lernen" des FEE und der problem- und praxisorientierten Wissensvermittlung im Modellstudiengang Medizin an der UW/H annehmen. Die reflexive Natur des Wissens bedeutet eine Veränderlichkeit des Gehalts von Wissen in Abhängigkeit von der Perspektive des Lernenden; ein hoher Wert in dieser Dimension ist verbunden mit der Idee, dass Wissen sich ständig verändert und veränderbar ist. Die Dimension "Lernen lernen" meint in einer hohen Ausprägung, dass Lerntechniken einen positiven Einfluss auf den Wissenserwerb haben [5]. Beide Dimensionen spiegeln den Grundgedanken von eigenständig konstruierten Wissensinhalten und der lernförderlichen Verwendung von metakognitiven Lernstrategien wider, wie sie in konstruktivistischen Lehr-Lernansätzen betont werden.
Literatur
- 1.
- Opfermann M. There’s more to it than instructional design - The role of individual learner characteristics for hypermedia learning. Berlin: Logos Verlag; 2008.
- 2.
- Moschner B, Gruber H. FEE: Fragebogen zur Erfassung epistemischer Überzeugungen. Oldenburg: Universität Oldenburg; 2007.
- 3.
- Schommer M. Effects of beliefs about the nature of knowledge on comprehension. J Educ Psych. 1990;82:498-504. DOI: 10.1037/0022-0663.82.3.498
- 4.
- Schommer M. Synthesizing epistemological belief research: Tentative understandings and provocative confusions. Educ Psych Rev. 1994;68:551-62.
- 5.
- Moschner B, Gruber H, EPI. Epistemologische Überzeugungen (Forschungsbericht Nr. 18). Regensburg: Universität Regensburg, Lehrstuhl für Lehr-Lern-Forschung; 2005.