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Problemorientierte Tutorien in einem Hybridcurriculum: Wunsch und Wirklichkeit
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Veröffentlicht: | 5. August 2010 |
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Fragestellung: Problem-orientiertes Lernen (POL) hat eine starke und nachhaltige Wirkung auf selbstgesteuertes Lernen, das für den ärztlichen Beruf sehr wesentlich ist [1]. Inzwischen finden POL-Tutorien weite Verbreitung in der hochschulmedizinischen Ausbildung, entweder als Teil von POL-Curricula oder als Unterrichtsform in Hybrid-Curricula [2]. Auch mit der Reform des klinischen Curriculums in Hamburg (KliniCuM) wurden ab 2004 POL-Tutorien in einem neuen Hybrid Curriculum eingeführt. Ob diese gemäß dem Planungs- und Schulungskonzept durchgeführt wurden und welchen Einfluss die Rolle des Tutors im Gesamtkonzept hat, wurde in dieser Arbeit untersucht.
Methodik: Im Frühjahr 2007 erfolgten in 57 POL-Gruppen mit 495 teilnehmenden Studierenden standardisierte Audits durch geschulte Auditoren, standardisierte schriftliche Befragungen der POL-Tutoren sowie eine detaillierte schriftliche studentische Befragung und Evaluation. Die Erfassungsbögen wiesen binäre Antwortmöglichkeiten, vorgegebene Antwortauswahlen, Freitextfelder sowie eine Bewertung auf einer sechsstufigen Likert-Skala auf (1=trifft gar nicht zu, 6=trifft sehr zu). Untersucht wurden u.a. Struktur und Ablauf der Tutorien und der Einfluss des Tutors. Die Auswertung erfolgte in Abhängigkeit von dem Fragetyp mittels beschreibender Statistik sowie dem Mann-Whitney-U-Test (Signifikanzniveau p<0,05, korrigiertes Signifikanzniveau nach Bonferroni pi=0,0002).
Ergebnisse: Im Rahmen der Strukturuntersuchungen zeigte sich, dass trotz einer vorgegebenen Unterrichtszeit von 120 Minuten die Dauer der auditierten POL-Tutorien zwischen 20 und 120 Minuten betrug. Bei einer vorgegebenen Gruppengröße von 10 bis 12 Studierenden betrug die tatsächliche Teilnehmerzahl 4 bis 22. Nur 14% der befragten Studierenden konnten die sieben Schritte der Bearbeitung eines POL-Falles in die richtige Reihenfolge bringen. Wie vorgesehen fand in 87% eine Bearbeitung der Lernziele des vorherigen Falles statt, jedoch bearbeitete ein Drittel dieser POL-Gruppen die Lernziele der vorangegangenen Sitzung nicht vollständig. Die studentische Zufriedenheit mit dem POL-Tutorium korrelierte signifikant mit der Angabe, wie gern ein Tutor POL unterrichtete. Ebenso gaben Studierende, die von einem männlichen Tutor unterrichtet wurden, signifikant häufiger an, dass sie vom POL-Tutorium profitieren (MW 3,9 versus 3,4). Studierende, die von Tutoren unterrichtet wurden, die keine Krankenhauskleidung trugen, fühlten sich signifikant wohler (MW 5,0 versus 4,5). Gruppen, die immer von demselben Tutor unterrichtet wurden, zeigten eine höhere Tutorenzufriedenheit als Gruppen, die Unterricht bei einem Ersatztutor hatten (MW 4,3 versus 4,9).
Schlussfolgerungen: Regelmäßige Qualitätskontrollen von POL-Tutorien in einem Hybridcurriculum sind erforderlich, da strukturelle Vorgaben nicht ausreichend umgesetzt werden. Unabhängig vom Verhalten der POL-Tutoren zeigten sich bisher nicht bekannte Einflussgrößen, die neue, grundsätzliche Fragen personeller Besetzungen von POL-Tutorien aufwerfen.
Literatur
- 1.
- Norman GR, Schmidt HG. The psychological basis of problem-based learning: A review of the evidence. Acad. Med. 1992;67(9):557-565. DOI: 10.1097/00001888-199209000-00002
- 2.
- Kinkade S. A snapshot of the status of problem-based learning in U.S. medical schools, 2003-04. Acad. Med. 2005;80(3):300-301. DOI: 10.1097/00001888-200503000-00021