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Neuer Wein in neuen Schläuchen?
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Veröffentlicht: | 5. August 2010 |
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Fragestellung: Die ab 2002 geltenden Regelungen haben die traditionelle Gestalt des Medizinstudiums in Österreich grundlegend verändert [4]. Welche weiteren Veränderungs-Schritte sollten folgen? Und: Was könnte eine Reflexion über den gegenwärtigen Stand der Entwicklung ergeben?
Methodik: Alte und neue Regelungen werden gegenübergestellt. Anhand häufig zitierter Erfolgsfaktoren für curriculare Veränderungen [3] wird deren Ausprägung im Fallbeispiel Wien selbst eingeschätzt und diskutiert. Schließlich wird die Frage nach den dahinter liegenden Konzepten gestellt.
Ergebnisse: Die alte Studienordnung war gekennzeichnet durch: Freier Zugang, enorme Anfängerkohorten (zuletzt ca. 1.500), traditionelles Fächercurriculum, später Patientenkontakt, separierte Studienabschnitte (Vorklinik - 4-, „Zwischenklinik - 3 - und Klinik - 5 Regelsemester), 23 sequentielle mündliche Einzelprüfungen, Dissertation auf freiwilliger Basis, 50% Drop out im Studienverlauf, extrem lange mittlere (!) Studiendauer (zuletzt ca.18 Semester: Vorklinik 8, Zwischenklinik 6, Klinik 4).
Die wesentlichen Veränderungen sind [4]: Seit 2005 limitierter Zugang, Jahrgangsstärke 740 (inkl. Zahnmedizin), integriertes Curriculum (Block-Line Modell), früher Patientenkontakt, Trennung Vorklinik - Klinik aufgehoben, Reform des Prüfungswesens (Jahresabschlussprüfungen, verschiedene Prüfungsmethoden, formative und summative Elemente), Skills-Training, obligatorische Diplomarbeit, Drop out unter 15%, drastische Senkung der mittleren Studiendauer (< 13 Semester).
Als Erfolgsfaktoren (2) am höchsten einzuschätzen sind: Leadership der Fakultätsleitung, Strukturveränderung (Aufhebung der Fachgrenzen), Einfluss der „Politik (Gesetzesänderungen), sowie Transparenz und Kommunikation im Änderungsprozess. Defizite werden vor allem in der Personal- und Organisationsentwicklung, in der Evaluation (vor allem der alten Bedingungen) sowie im Mangel an Veränderungskultur identifiziert.
Diese Selbsteinschätzung wird durch die ausführliche Evaluation des Medizincurriculum-Wien anlässlich des Studienabschlusses der ersten Kohorte bestätigt [1].
Schlussfolgerungen: Die Gutachter listen eine Reihe von Empfehlungen auf, die zu priorisieren und weiter zu verfolgen sind. Darüber hinaus stellt sich im Sinne von Bereiter 2002 [2] die Frage, welche Ideen und Vorstellungen („Konstrukte) über die „auf der ersten Ebene erzielten konkreten Veränderungen und die dahinterliegenden Probleme und Erfolgsfaktoren („zweite Ebene) hinaus bestehen und weiter wirken. Antworten darauf sind zunächst spekulativ, aber schon die Feststellung, dass die Frage nach der dritten Ebene kaum gestellt wird und jedenfalls nicht beantwortet ist, verweist auf die prekäre Situation, die nach großen Veränderungen zutage treten kann, wenn man sich mit dem zweiten Teil des Tagungsthemas auseinandersetzt.
Literatur
- 1.
- Aretz T, Fischer MR, Kadmon M, Kulike K, Lammerding-Köppel M, Huemer H. Evaluation des Studiums Humanmedizin an der Medizinischen Universität Wien. Pilotprojekt Akkreditierung - Bericht des Review-Teams. Wien, Medizinische Universität Wien; 2009. Zugänglich unter: http://www.aqa.ac.at/file_upload/MUW2009_Gutachterbericht.pdf
- 2.
- Bereiter C. Education and mind in the knowledge age. Mahwah(NJ): Lawrence Erlbaum Associates Inc; 2002.
- 3.
- Bland CJ, Starnaman S, WErsal L, Moorehead-Rosenberg L, Zonia S, Henry R. Curricular Change in Medical Schools: How to Succeed? Acad Med. 2000;75(6):575-594.
- 4.
- Lischka M. Medical universities in Austria: impact of curriculum modernization on medical education. GMS Z Med Ausbild. 2010;27(2):Doc30. Zugänglich unter: http://www.egms.de/static/de/journals/zma/2010-27/zma000667.shtml