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Effekte eines Kommunikationstrainings für Ärzte: Sequenzanalytische Auswertung von videographierten und mittels Roter Interaction Analysis System (RIAS) analysierten Arzt-Patienten-Gesprächen
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Veröffentlicht: | 5. August 2010 |
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Fragestellung: Das Roter Interaction Analysis System (RIAS) ist ein standardisiertes Verfahren zur Erfassung der Arzt-Patienten-Kommunikation und wird in zahlreichen internationalen Studien zur Evaluation von Kommunikationstrainings eingesetzt. Hierbei stehen die inhaltsanalytische Auswertung der Häufigkeiten von Gesprächskategorien und sequenzanalytische Methoden zur Untersuchung der Dialogstruktur im Vordergrund. Als Zielkriterium für die gelungene Kommunikation zwischen Arzt und Patient im Sinne der Trainingsinhalte wird vor allem die Patientenzentriertheit festgelegt. Diese wird einerseits durch die Verteilung von spezifischen Gesprächsinhalten der Interaktanden definiert, andererseits durch eine Abnahme von medizinischen Instruktionen sowie einer Zunahme von sozioemotionalen Themen. Gesprächsinhalte werden sequenzanalytisch auf Reziprozitäten hin untersucht und professionelle Reaktionen des Arztes auf Patiententhemen vorgegeben, die im Sinne einer deduktiven (top-down) Herangehensweise angemessen erscheinen. Die verwendeten sequenzanalytischen Methoden, die vor allem die Dialogstruktur untersuchen, konzentrieren sich auf Gesprächsdauer, Sprecherwechsel, Interaktivität des Dialogs, Gesprächsdichte und Dauer der ununterbrochenen Rede der Patienten. In der vorliegenden Untersuchung wird die sequenzanalytische Auswertung mit der T-Pattern Methode nach Magnusson vorgenommen, die nach wiederkehrenden Mustern innerhalb des Kommunikationsverhaltens der Gesprächspartner sucht und somit einen bottom-up Ansatz verfolgt. Erste Ergebnisse der Anwendung dieser sequenzanalytischen Methode auf die Daten einer randomisiert-kontrollierten Studie sollen vorgestellt und im Hinblick auf Möglichkeiten und Vorteile des Verfahrens diskutiert werden.
Methodik: Ärzte einer internistischen Abteilung eines Klinikums der medizinischen Grundversorgung wurden einer Trainings- und einer Kontrollgruppe zugeteilt (N=40, RCT, matched pairs). Das multimodale Trainingskonzept setzt sich zusammen aus der Vermittlung von Kommunikationsmodellen und Techniken zur Gesprächsführung sowie praktischen Übungen, die durch Visitensupervision und den Einsatz von standardisierten Patienten ergänzt werden. Vor und nach dem Training wurden je Arzt fünf Patientengespräche videographiert (N=400) und mit dem Roter Interaction Analysis System sowie sequenzanalytischen Verfahren ausgewertet.
Ergebnisse: Die Auswertung der videographierten Arzt-Patienten-Gespräche mittels RIAS und der sequenzanalytischen Verfahren zeigt, dass die vermittelten Trainingsinhalte im Kontakt mit realen Patienten umgesetzt werden.
Schlussfolgerungen: Mit Hilfe von sequenzanalytischen Methoden können neue Einsichten in die Dynamik und den Aufbau von Arzt-Patienten-Gesprächen gewonnen werden. Ärzte mit mehrjähriger Berufserfahrung profitieren von einem Kommunikationstraining durch eine signifikante Verbesserung ihrer Fähigkeit zur Gesprächsstrukturierung.