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Persönlichkeit und Professionalität: Longitudinale Studie zu emotionaler Befindlichkeit, Selbsteinschätzung klinischer Kompetenz und professioneller Identität von Medizinstudierenden während des Trainings „Überbringen schlechter Nachrichten (ÜsN)“ im Kurs Psychosomatik
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Veröffentlicht: | 2. September 2009 |
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Text
Ziel: In Anlehnung an die Ergebnisse des "basler consensus papers" [1] zur Wichtigkeit der Entwicklung von Grundkompetenzen in Professionalität und Persönlichkeit im Medizinstudium war es Ziel der durchgeführten Befragung von Medizinstudieren einen Einblick in individuelles Erleben im Umgang mit schwierigen Situationen, Überbringen schlechter Nachrichten (ÜsN), daraus resultierende Bewältigungsstrategien und nachfolgender Verknüpfung mit dem Selbstbild als Medizinstudierender während des Wochenblockpraktikums Psychosomatik zu gewinnen.
Methodik: Die Längsschnittstudie wurde im WS 2008/2009 mit N=107 Studenten (Rücklauf 93,9%) durchgeführt. Der anonyme Fragebogen wurde an drei Zeitpunkten ausgegeben:
- T1 vor den Übungen zu ÜsN,
- T2 direkt im Anschluss daran und
- T3 am Ende des Kurses nach der OSCE-Prüfung ÜsN.
Die Studierenden wurden zu ihrer Selbstsicherheit in der Rolle als Medizinstudierender, zur Selbsteinschätzung ihrer Kompetenz im ÜsN und zu 15 Befindlichkeits-Items, die in einer Faktoranalyse zu den drei Skalen: „Motivation“, „positive Gefühle“ und „negative Gefühle“ (Cronbach's α > .70) zusammengefasst werden konnten, befragt. Mithilfe einer Varianzanalyse mit Messwiederholung wurden die Daten unter Einbezug der Kovariaten „Selbstsicherheit“ auf signifikante zeitliche Veränderungen untersucht. Zur Testung auf Mittelwertsunterschiede wurden T-Tests verwendet.
Ergebnisse: Zusammenfassend konnten wir zwei Gruppen identifizieren:
- Gruppe A (N=46) zeigte zu T1 signifikant (p<.001) höhere Werte sowohl bezüglich Selbstsicherheit in der Rolle als Medizinstudierender als auch bezüglich der Selbsteinschätzung der Kompetenz in ÜsN als
- Gruppe B (N=61).
In Gruppe A induzierte das Training mit Schauspielpatienten/innen eine hochsignifikante (p<.001) Irritation der Selbstsicherheitseinschätzung in der Rolle als Medizinstudierender, obwohl sich die Selbsteinschätzung der Kompetenz in ÜsN signifikant (p<.001) verbesserte.
Ein signifikanter Unterschied zwischen beiden Gruppen bezüglich der Entwicklung negativer Emotionen während des Kurses wurde nicht festgestellt.
Gruppe B entwickelte einen deutlichen Anstieg positiver Emotionen (p<.001) verbunden mit einer deutlich höheren Einschätzung des Kompetenzzuwachses im ÜsN (p<.001).
Fazit: Das Erleben von persönlicher Selbstwirksamkeit und Professionalität von Medizinstudierenden in schwierigen Situationen eines Psychosomatikkurses (Überbringen schlechter Nachrichten) ist individuell und in der Folge eng verknüpft mit dem Selbstbild als Medizinstudierender. Adäquate Selbsteinschätzung und professionell begleitete Erfahrung in schwierigen Situationen scheint ein bedeutungsvoller Fokus medizinischer Lehre im Hinblick auf die Entwicklung von Persönlichkeit und Professionalität zu sein.
Literatur
- 1.
- Kiessling C, Dieterich A, Fabry G, Hölzer H, Langewitz W, Mühlinghaus I, Pruskil S, Scheffer S, Schubert S. Basler Consensus Statement "Kommunikative und soziale Kompetenzen im Medizinstudium": Ein Positionspapier des GMA-Ausschusses Kommunikative und soziale Kompetenzen.GMS Z Med Ausbild. 2008;25(2):Doc83. Zugänglich unter: http://www.egms.de/en/journals/zma/2008-25/zma000567.shtml.