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Änderung der Einstellung durch das neue Curriculum im PJ?
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Veröffentlicht: | 14. November 2007 |
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Nach Implementierung der neuen ÄAppO (und durch die von den Studierenden unterschiedlich genutzten Übergangsmöglichkeiten durch Absolvierung/Nichtabsolvierung des alten 1. Staatsexamens) existierten in den deutschen Fakultäten etwa in der Zeitspanne von 10/2006 bis 06/2007 vorübergehend 2 etwa gleich große Gruppen von Studierenden im Praktischen Jahr: Nach Absolvierung eines identischen formalen Studienganges im klinischen Studienabschnitt hat die Gruppe 1 („alt“) das Staatsexamen M-2-alt bereits absolviert und erwartet nach dem PJ lediglich die 1-tägige mündliche Prüfung M-3-alt; die Gruppe 2 („neu“) erwartet demgegenüber nach dem PJ das 3-tägige schriftliche und 2-tägige mündlich-praktische Examen M-2-neu.
In der eigenen Fakultät wurde die Gruppe 2 („neu“) – bei identischem klinischen Einsatz – in neu geschaffenen, regelmäßigen curricularen Pflicht-Repetitorien zusammengefasst und im Hinblick auf das noch zu erwartende umfangreiche Examen M-2-neu systematisch trainiert. Die Gruppe 1 („alt“) – die kein vergleichbares Examen mehr erwartete – erledigte während dieser Repetitorien ihre klinischen Einsätze, eine Durchmischung (Kontamination) der Gruppen fand zu keinem Zeitpunkt statt.
In den Repetitorien der Gruppe 2 („neu“) wurden explizit Themen und Lehrziele von überragender Bedeutung (z.B. Analgesie) behandelt. Speziell der Themenbereich Analgesie wurde in Vorträgen, Fallbesprechungen, und Unterlagen behandelt, das Lehrziel wurde – operationalisiert – den Studierenden in einem Logbuch mitgeteilt, die o.g. Fälle wurden in einer e-learning Plattform eingestellt, in der (u.a.) Verweise und Verlinkungen auf Behandlungsverfahren und Leitlinien zur Analgesie hinterlegt waren.
Die Fragestellung war, ob durch eine solche curriculare Betonung und Abarbeitung von Lehrzielen (beispielhaft) eine messbar verstärkte Wahrnehmung und Behandlung des Schmerzes bei den so ausgebildeten Studenten feststellbar ist.
Die Fragestellung wurde mit Hilfe eines OSCE mit standardisierten Patienten (SP) und einer key feature (KF)-Prüfung mit jeweils 10 bis 12 Studenten pro Gruppe überprüft. Die Studierenden (und die auswertenden Ärzte) wurden von der Prüfungsleitung nicht über das wahre Ziel der Prüfung informiert. Als Grund der Prüfung wurde die Überprüfung kommunikativer und Problemlösungskompetenzen der PJ-Studierenden genannt. Die Auswahl der Studierenden erfolgte zufällig. Die Studierenden beider Gruppen waren im jeweilig 3. Tertial.
Im OSCE wurde ein hoch schmerzhafter Fall präsentiert, bei dem als starker Distraktor allerdings die (Erst-)Diagnose und Übermittlung einer tötlichen Erkrankung im Endstadium zusätzlich abzuarbeiten war. Die Schiedsrichter (2 Fachärzte/2 Assistenten, jeweils 2 m/w) hatten über 25 Punkte zu entscheiden (von denen 7 bezüglich der Fragestellung relevant und auszuwerten waren).
In den 12 KF-Fällen lagen 9 hochschmerzhafte Situationen vor, 3 Fälle hatten keine im Vordergrund stehende Schmerzsymptomatik bzw. sollten der Distraktion vom eigentlichen Untersuchungsziel dienen. Die Auswahl von Diagnosen und Therapien erfolgte aus einer long-menue Liste von jeweils über 1000 Wörtern aus ICD, Pschyrembel und Gegenstandskatalog des IMPP. Gefragt wurde nach Diagnosen (3 Möglichkeiten) und Therapien (5 Möglichkeiten).
Die OSCE-Prüfung zeigte eine hohe Übereinstimmung beider Gruppen in den insgesamt erfassten Punkten. Die Gruppe 2 („neu“) zeigte eine signifikant bessere Wahrnehmung und Adressierung des Leitsymptomes Schmerz.
Die KF-Prüfung zeigte – bei gleich häufiger Nennung der korrekten Diagnosen in beiden Gruppen – ebenfalls eine signifikant höhere Nutzung der Analgesie als Behandlungsmethode unter den genannten Therapien.
Die Ergebnisse dokumentieren eine durch curriculare Lehre beeinflussbare Aufmerksamkeit für ein Leitsymptom in einer konkreten Behandlungssituation mit stark ablenkenden Befunden.