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Forum Medizin 21, 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin

Paracelsus Medizinische Privatuniversität in Zusammenarbeit mit der Deutschen, Österreichischen und Südtiroler Gesellschaft für Allgemein- und Familienmedizin

22.09. - 24.09.2011, Salzburg, Österreich

Einstellungen von Pflegeheimbewohnerinnen und Pflegeheimbewohner zu Schlafmedikamenten

Meeting Abstract

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  • corresponding author presenting/speaker Wolfram J. Herrmann - Charité-Universitätsmedizin Berlin/Friedrich-Schiller-Universität Jena, Berlin/Jena, Deutschland
  • author Uwe Flick - Alice Salomon Hochschule Berlin, Berlin, Deutschland

45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom134

doi: 10.3205/11fom134, urn:nbn:de:0183-11fom1345

Veröffentlicht: 14. September 2011

© 2011 Herrmann et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Pflegeheimbewohner leiden häufig unter Schlafstörungen. Schlafmedikamente sind jedoch aufgrund der Polypharmazie von Pflegeheimbewohnern, unerwünschter Arzneimittelwirkungen und mangelhafter Wirksamkeit eher nicht indiziert. Trotzdem erhalten viele Pflegeheimbewohner Schlafmedikamente. Möglicherweise sind die Forderungen und Wünsche von Pflegeheimbewohnern nach Schlafmedikation der Grund für die häufige Behandlung von Schlafstörungen mit Schlafmedikamenten bei Pflegeheimbewohnern. Ziel dieser Teilstudie war es daher die Einstellungen von Pflegeheimbewohnern zu Schlafmedikamenten zu explorieren

Material und Methoden: Zur Exploration der subjektiven Konzepte von Pflegeheimbewohnern zu Schlaf und Schlafstörungen führten wir mit 30 Pflegeheimbewohnern (min. 64 Jahre alt, orientiert zu Ort und Person) episodische Interviews. Episodische Interviews enthalten Erzählungen stimulierende Fragen und abstrakte und konkrete Fragen. Das Interviewmaterial analysierten wir mittels thematischem Kodieren. Dabei werden Textsegmenten aus dem Material entwickelte Codes zugewiesen und in thematische Kategorien organisiert. Aus den Codes und dazugehörigen Textsegmenten zur Thematik Schlafmedikamente konstruierten wir eine Typologie der Pflegeheimbewohner hinsichtlich ihrer Einstellung zu Schlafmedikamenten.

Ergebnisse: Wir konnten vier Typen von Pflegeheimbewohnern konstruieren. Pflegeheimbewohner von Typ A lehnen Schlafmedikamente strikt ab. Pflegeheimbewohner von Typ B sehen „natürliche“ Schlafmedikamente, wie z.B. Baldrian, als harmlos und wirksam zur Beruhigung an. Pflegeheimbewohner von Typ C finden Schlafmedikamente in akuten Belastungssituationen vorübergehend für angebracht. Für Pflegeheimbewohner von Typ D sind Schlafmedikamente ein "Muss" um schlafen zu können; sie sind von Schlafmedikamenten abhängig. Meist wurden Pflegeheimbewohnern des Typs D noch im ambulanten Setting Schlafmedikamente in einer akuten Belastungssituation verordnet und die Einnahme dann nicht mehr beendet.

Schlussfolgerung/Implikation: Die kurzfristig gedachte Verordnung von Schlafmedikamenten in akuten Belastungssituationen bietet die Gefahr einer langfristigen Einnahme mit Abhängigkeit von Schlafmedikamenten. Die Langzeitverläufe solcher Verordnungen sollten erforscht und die kurzfristige Verordnung von Schlafmedikamenten kritisch hinterfragt werden. Pflegeheimbewohner, die noch keine Schlafmedikamente nehmen, erwarten in dieser Studie auch nicht Schlafmedikamente verordnet zu bekommen. Insbesondere Pflegeheimbewohner von Typ B erwarten Hilfe dabei sich geistig beruhigen zu können, beispielsweise mit Hilfe pflanzlicher Mittel. Möglicherweise wäre auch die Verordnung von Entspannungstechniken für diese Pflegeheimbewohner eine Alternative.