gms | German Medical Science

Forum Medizin 21, 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin

Paracelsus Medizinische Privatuniversität in Zusammenarbeit mit der Deutschen, Österreichischen und Südtiroler Gesellschaft für Allgemein- und Familienmedizin

22.09. - 24.09.2011, Salzburg, Österreich

Hausärztliche Versorgung am Lebensende (HAVEL) – die Rolle der Hausärzte in der palliativen Basisversorgung

Meeting Abstract

Suche in Medline nach

  • author presenting/speaker Andrea Lüthke - Abteilung Allgemeinmedizin Universitätsmedizin Göttingen, Göttingen, Deutschland
  • author Jean-François Chenot - Abteilung Allgemeinmedizin Universitätsmedizin Göttingen, Göttingen, Deutschland
  • corresponding author Ildiko Gagyor - Abteilung Allgemeinmedizin Universitätsmedizin Göttingen, Göttingen, Deutschland

45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom107

doi: 10.3205/11fom107, urn:nbn:de:0183-11fom1073

Veröffentlicht: 14. September 2011

© 2011 Lüthke et al.
Dieser Artikel ist ein Open Access-Artikel und steht unter den Creative Commons Lizenzbedingungen (http://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/3.0/deed.de). Er darf vervielfältigt, verbreitet und öffentlich zugänglich gemacht werden, vorausgesetzt dass Autor und Quelle genannt werden.


Gliederung

Text

Hintergrund: Die Betreuung von Patienten am Lebensende gehört zu den hausärztlichen Kernaufgaben. Die zunehmende Verfügbarkeit spezialisierter Versorgungsstrukturen erfordert eine bessere Kenntnis der hausärztlichen Betreuung von Patienten am Lebensende, um eine effektive Zusammenarbeit beider Versorgungsebenen zu erreichen. Ziel der Studie ist es, die Versorgungssituation von Patienten in der letzten Lebensphase aus Sicht der Hausärzte zu untersuchen.

Material und Methoden: In einer retrospektiven Studie wurden aus 30 Hausarztpraxen Daten von Patienten, die in den letzten 12 Monaten verstorben sind, mit einem selbstentwickelten Fragebogen erhoben. Neben Soziodemographie (z.B. Alter, Geschlecht), wurden Daten zur Versorgungssituation (z.B. ärztliche und pflegerische Betreuung), zur Morbidität (z.B. Erkrankungen, Karnofsky-Index) und zur Sterbesituation des Patienten (Sterbeort, Leitsymptome, therapeutische Maßnahmen) erhoben.

Ergebnisse: Das mittlere Sterbealter der 453 Verstorbenen (55% Frauen) lag bei 81 Jahren (IQR 71-88). Eine Patientenverfügung lag bei 27%, eine andere Form der Willensäußerung bei 48% vor. Von den im Mittel seit 8 Jahren (IQR 3-14) hausärztlich betreuten Patienten wurden 49% von Angehörigen, 29% von ambulanten Pflegedienst und 32% im Pflegeheim gepflegt; 13% hatten keine Pflege. Der Karnofsky-Index der Patienten nahm in den letzten 3 Lebensmonaten von durchschnittlich 40% auf 20% bis 10% ab. Parallel dazu nahm die durchschnittliche Konsultationsrate von 1x/Monat (43%) auf mindestens 1x/Woche (55%) zu. Das Spektrum der Erkrankungen bildeten überwiegend chronische Erkrankungen wie Herzinsuffizienz (41%), Demenz (30%), Hirngefäß- (29%), Lungen- (25%) und Nierenerkrankungen (23%). Tumorerkrankungen lagen bei 36% der Verstorbenen vor. Zu den häufigsten Symptomen in den letzten 48h vor dem Tod gehörten Luftnot (24%) und Schmerzen (18%). Zur Symptomkontrolle wurden vor allem Opiate (51%) und Anxiolytika (35%) eingesetzt. Der Opiateinsatz erhöhte sich in den letzten Monaten um 18%. 40% der Patienten verstarben zu in der Klinik, sodass keine Angabe zu den Symptomen in den letzten 48h möglich war. 50% verstarben zu Hause oder in einer Pflegeeinrichtung und 5% im Hospiz. Bei 10% der Patienten erfolgte eine spezialisierte ärztliche palliativmedizinische Mitbetreuung.

Schlussfolgerung/Implikation: Die Studie zeigt in den Leistungen der Basisversorgung deutliche Unterschiede im Vergleich zur spezialisierten Palliativversorgung. Im hausärztlichen Setting sind sowohl Krankheitsspektrum (chronische, nicht-onkologische Erkrankungen) als auch Versorgungsformen unterschiedlich. Die Zunahme der Betreuungsintensität in den letzten Lebenswochen zeigt, dass Hausärzte in der Betreuung von Sterbenden aktiv involviert sind, auch wenn 40% der Patienten in der Klinik versterben. Inhalte und Formen dieser Versorgungsebene sollten daher weiter erforscht werden, um potentiellen Förderbedarf zu erkennen und Weiter- und Fortbildung dem Versorgungsbedarf anzupassen.