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Forum Medizin 21, 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin

Paracelsus Medizinische Privatuniversität in Zusammenarbeit mit der Deutschen, Österreichischen und Südtiroler Gesellschaft für Allgemein- und Familienmedizin

22.09. - 24.09.2011, Salzburg, Österreich

Kann eine Streptokokkenangina klinisch diagnostiziert werden?

Meeting Abstract

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45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom020

doi: 10.3205/11fom020, urn:nbn:de:0183-11fom0206

Veröffentlicht: 14. September 2011

© 2011 Bachler et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Halsschmerzen sind eine der häufigsten Konsultationsursachen in der AM-Praxis. Bei Kindern sind ca. 20% und bei Erwachsenen <5% ß-hämolysierende Streptokokken der Gruppe A zu erwarten. 75% der Erwachsenen verlassen die Ordination aber mit einer Antibiotikaverordnung.

Zu Unterscheidung viraler Erkrankungen von der Angina stehen unterschiedlich verwertbare klinische Risikoscores zu Verfügung , der für die Praxis brauchbarste scheint der mod. CENTOR-Score nach McIsaak zu sein. Dieser bewertet Lebensalter, Fieber, anguläre Lymphknoten, Fehlen von Husten und Beläge auf den Tonsillen.

Bisherige Arbeiten befassten sich ausschließlich mit Erwachsenen, oder wurden ohne Kontroll-gruppe durchgeführt. Die Angaben über die Zahl der asymptomatischen Streptokokkenträger sind in der Literatur sehr ungenau.

Material und Methoden: Bei 1.665 Patienten mit Konsultationsgrund Halsschmerzen wurden in der TGAM-Studie über einen Zeitraum von drei Jahren, in neun österreichischen Allgemeinmedizinpraxen Rachenabstriche abgenommen, auf CNA-Selektivnährböden inkubiert und das Ergebnis des kulturellen Erregernachweises standardisiert protokolliert. Ziel der Studie war die Evaluierung klinischer Beurteilungskriterien welche, ergänzend zum bestehenden Centorscore, mit hoher Wahrscheinlichkeit auf eine Streptokokkeninfektion hinweisen und somit die klinische Beurteilung und bedside Diagnostik zu präzisieren.

Ergebnisse: Erfahrene Allgemeinmediziner, die an dieser Studie teilnehmen, beurteilen intuitiv jeden 2. Halsschmerz als Angina oder Verdacht auf Angina, der positiv prädiktive Wert erreicht nur 18%, 20% der Anginen werden nicht erkannt.

Unter Zuhilfenahme des Centor-Scores erreicht die klinische Beurteilung bei der Diagnose Angina einen positiv prädiktiven Wert von 71%, die falsch negativen Einschätzungen steigen aber auf 30 %. Ein zusätzlich bei hohem Centor-Score angewendeter immunologischer Schnelltest, hatte eine unzureichende Sensitivität von 70%.

Schlussfolgerung/Implikation: Auch wenn alle typischen Symptome der Angina (Centor-Score 4-5) vorliegen, handelt es sich nur in 52% um eine Angina. Als diagnostischer Goldstandard kann nur die Streptokokkenkultur bezeichnet werden. Die TGAM-Studie zeigt, dass Beiimpfung, Bebrütung und Interpretation von Streptokokkennährböden in AM-Praxen problemlos durchführbar sind, die Resultate stehen in 16-24h zur Verfügung, Kosten und Zeitaufwand sind wesentlich geringer als beim ungenauen Schnelltest. Durch Erweiterung des mod. Centor-Scores um die Fragen: Kontakt mit Angina, Z. n. TE, Größe der Lymphknoten, und Differenzierung des Rachenbefundes könnte die Genauigkeit des klinischen Scores verbessert werden.


Literatur

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Wächtler H, Chenot J F. DGAM Leitlinie Nr. 14: Halsschmerz. 2009. Available from: http://leitlinien.degam.de Externer Link
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Rimoin AW, Hamza H S, Vince A. Evaluation of the WHO clinical decision rule for streptococcal pharyngitis. Arch Dis Child. 2005;90:1066–70.