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26. Jahrestagung des Netzwerks Evidenzbasierte Medizin e. V.

Netzwerk Evidenzbasierte Medizin e. V. (EbM-Netzwerk)

26. - 28.03.2025, Freiburg

Herausforderungen bei der Verwendung von indirekter Evidenz mit sehr geringer Vertrauenswürdigkeit zur Ableitung von Empfehlungen für eine S3-Leitlinie zur Transition von jungen Menschen mit Adipositas

Meeting Abstract

  • author Philipp Kapp - Universitätsklinikum Freiburg, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, Institut für Evidenz in der Medizin (für Cochrane Deutschland Stiftung), Freiburg, Deutschland
  • author Jana Brauchmann - Charité – Universitätsmedizin Berlin, Korporatives Mitglied der Freie Universität Berlin und Humboldt- Universität zu Berlin, Klinik für Pädiatrische Endokrinologie und Diabetologie, Interdisziplinäres Sozialpädiatrisches Zentrum, Berlin, Deutschland; Deutsches Zentrum für Kinder- und Jugendgesundheit, DZKJ, Deutschland
  • author Luise Laudenbach - Medizinische Hochschule Hannover, Medizinische Psychologie, Hannover, Deutschland
  • author Kathrin Grummich - Universitätsklinikum Freiburg, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, Institut für Evidenz in der Medizin (für Cochrane Deutschland Stiftung), Freiburg, Deutschland
  • author Julia Lischka - Uniklinikum Salzburg/Landeskrankenhaus, Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde, Salzburg, Österreich; Uniklinikum Salzburg/Landeskrankenhaus, Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde, Obesity Research Unit, Salzburg, Österreich
  • author Nicole Vanersa - Charité – Universitätsmedizin Berlin, Institut für Klinische Pflegewissenschaft, Berlin, Deutschland
  • author Edrienny Patricia Alves Accioly Rocha - Charité – Universitätsmedizin Berlin, Institut für Klinische Pflegewissenschaft, Berlin, Deutschland
  • author Gundula Ernst - Medizinische Hochschule Hannover, Medizinische Psychologie, Hannover, Deutschland
  • author Joerg Johannes Meerpohl - Universitätsklinikum Freiburg, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, Institut für Evidenz in der Medizin (für Cochrane Deutschland Stiftung), Freiburg, Deutschland; Cochrane Deutschland, Cochrane Deutschland Stiftung, Deutschland
  • author Antje Tannen - Charité – Universitätsmedizin Berlin, Institut für Klinische Pflegewissenschaft, Berlin, Deutschland
  • author Daniel Weghuber - Uniklinikum Salzburg/Landeskrankenhaus, Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde, Salzburg, Österreich; Uniklinikum Salzburg/Landeskrankenhaus, Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde, Obesity Research Unit, Salzburg, Österreich
  • author Susann Weihrauch-Blüher - Universitätsklinikum Halle (Saale), Dept. für Kinder- und Jugendmedizin Pädiatrische Endokrinologie und Diabetologie, Halle (Saale), Deutschland
  • author Susanna Wiegand - Charité – Universitätsmedizin Berlin, Korporatives Mitglied der Freie Universität Berlin und Humboldt- Universität zu Berlin, Klinik für Pädiatrische Endokrinologie und Diabetologie, Interdisziplinäres Sozialpädiatrisches Zentrum, Berlin, Deutschland; Deutsches Zentrum für Kinder- und Jugendgesundheit, DZKJ, Deutschland
  • author Gabriel Torbahn - Uniklinikum Salzburg/Landeskrankenhaus, Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde, Obesity Research Unit, Salzburg, Österreich; Klinikum Nürnberg, Universitätsklinik der Paracelsus Medizinischen Universität, Klinik für Neugeborene, Kinder und Jugendliche, Nürnberg, Deutschland

Die EbM der Zukunft – packen wir’s an!. 26. Jahrestagung des Netzwerks Evidenzbasierte Medizin. Freiburg, 26.-28.03.2025. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2025. Doc25ebmPS-06-06

doi: 10.3205/25ebm090, urn:nbn:de:0183-25ebm0903

Veröffentlicht: 27. März 2025

© 2025 Kapp et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund/Fragestellung: Während für viele chronische Erkrankungen Transitionsinterventionen untersucht und aus vorhandener Evidenz Empfehlungen abgeleitet wurden, stehen bislang keine spezifischen evidenzbasierten Empfehlungen zur Transition von jungen Menschen mit Adipositas zur Verfügung. Ziel war es, im Rahmen der Entwicklung einer S3-Leitlinie die vorhandene Evidenz systematisch zu sichten und zu bewerten.

Methoden: Eine interdisziplinäre Arbeitsgruppe mit Expertise in evidenzbasierter Forschungsmethodik, klinischer, therapeutischer und pflegerischer Tätigkeit, definierte die Fragestellung nach dem PICO-Schema. Da in der Vorabrecherche keine Studien zu jungen Menschen mit Adipositas identifiziert werden konnte, wurde die Zielpopulation auf in Teilaspekten vergleichbare Indikationen (Diabetes, chronisch-entzündliche Darmerkrankungen, juveniler idiopathischer Arthritis, Asthma) erweitert. Die Outcomepriorisierung erfolgte literatur- und erfahrungsbasiert. Die Literatursuche fand in drei Datenbanken statt. Screening, Datenextraktion, Studienbewertung (RCTs: Cochrane RoB 2.0, NSRIs: ROBINS-I) und Bewertung der Vertrauenswürdigkeit in die Evidenz (GRADE) erfolgte unabhängig von zwei Personen. Die Synthese erfolgte sowohl statistisch als auch narrativ.

Ergebnisse: Identifiziert wurden 17 Studien (13 RCTs, 4 NRSIs; n=0 mit Adipositas, n=11 mit Diabetes, n=1 mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen, n=1 mit juveniler idiopathischer Arthritis, n=4 mit verschiedenen chronischen Erkrankungen). Die Vertrauenswürdigkeit in die Evidenz wurde größtenteils als sehr niedrig eingestuft. Hauptgründe waren schwerwiegende bis sehr schwerwiegende Limitationen im RoB, unzureichende Präzision (v.a. aufgrund kleiner Fallzahlen und selten berichteter Endpunkte) und Indirektheit aufgrund fehlender Studien in der Primärpopulation. Bis auf die Verbesserung der Transitionsbereitschaft im Großteil der Studien, zeigten sich keine relevanten Effekte durch Transitionsinterventionen bei den verbleibenden Endpunkten (z.B. HbA1c) im Vergleich zur Kontrollgruppe.

Schlussfolgerung: Die wenigen evidenzbasierten Empfehlungen, die abgeleitet werden können, bestehen ausschließlich auf indirekter Evidenz, deren Vertrauenswürdigkeit größtenteils als sehr niedrig eingeschätzt wurde. Dies stellt eine Herausforderung für die Leitliniengruppe dar. Durch die Hinzunahme von konsensbasierten Empfehlungen ergibt sich für die Praxis dennoch eine hohe Relevanz, obgleich Studien mit der Zielpopulation notwendig sind, um spezifische Empfehlungen ableiten zu können.