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26. Jahrestagung des Netzwerks Evidenzbasierte Medizin e. V.

Netzwerk Evidenzbasierte Medizin e. V. (EbM-Netzwerk)

26. - 28.03.2025, Freiburg

Vermeidung von freiheitsentziehenden Maßnahmen im akutstationären Setting: eine Cluster-randomisierte kontrollierte Pilotstudie (PROTECT)

Meeting Abstract

  • author Susan Gottschalk - Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Institut für Gesundheits- und Pflegewissenschaft, Medizinische Fakultät, Halle, Deutschland
  • author Gabriele Meyer - Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Institut für Gesundheits- und Pflegewissenschaft, Medizinische Fakultät, Halle, Deutschland
  • author Burkhard Haastert - mediStatistica, Deutschland
  • author Jens Abraham - Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Institut für Gesundheits- und Pflegewissenschaft, Medizinische Fakultät, Halle, Deutschland

Die EbM der Zukunft – packen wir’s an!. 26. Jahrestagung des Netzwerks Evidenzbasierte Medizin. Freiburg, 26.-28.03.2025. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2025. Doc25ebmV-05-01

doi: 10.3205/25ebm023, urn:nbn:de:0183-25ebm0235

Veröffentlicht: 27. März 2025

© 2025 Gottschalk et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund/Fragestellung: Freiheitsentziehende Maßnahmen (FEM) werden regelmäßig im Krankenhaus angewendet, ohne Belege für die Wirksamkeit und Sicherheit (z.B. Sturzprophylaxe). FEM werden hingegen mit unerwünschten Ereignissen in Verbindung gebracht, z.B. Verletzungen und Immobilität. In einer Machbarkeitsstudie wurde eine komplexe Intervention zur Vermeidung von FEM entwickelt, die u.a. die Qualifizierung von Pflegenden als Multiplikatoren und interprofessionelle Kurzschulung umfasst. Ein Anpassungsbedarf der Intervention und Studienprozeduren wurde deutlich. Ziel der aktuellen Studie war es, die Intervention und Studienprozeduren weiterzuentwickeln und zu pilotieren.

Methoden: In einer Vorbereitungsphase wurden die Intervention und Studienprozeduren angepasst. Anschließend (09/2022–06/2024) wurde die Intervention in einer zweiarmigen Cluster-randomisierten kontrollierten Studie pilotiert (DRKS00027989). Die Nachbeobachtungszeit betrug sechs Monate. Acht deutsche Krankenhäuser mit 26 Stationen haben teilgenommen. Die Kontrollgruppe (KG) erhielt die Standardversorgung. Primäre Zielgröße war der Anteil der Patient:innen mit mindestens einer FEM nach sechs Monaten (direkt beobachtet). Sekundäre Endpunkte bzw. Sicherheitsparameter waren Stürze, Therapieunterbrechungen und Psychopharmaka-Verordnungen. Die Gruppenvergleiche erfolgten modellbasiert und Cluster-adjustiert mittels Randomeffekten.

Ergebnisse: Insgesamt waren 3.573 Patient:innen einbezogen. Zu Studienbeginn war die FEM Prävalenz in der KG (19,4%) im Vergleich zur Interventionsgruppe ((IG) 14,6%) höher. In der IG hat sich im drei- und sechsmonatigen Follow-up die Prävalenz auf 13,1% bzw. 11,5% reduziert. In der KG zeigte sich hingegen ein leichter Anstieg auf 20,1% bzw. 20,3%. Der Unterschied zwischen beiden Gruppen nach sechs Monaten war nicht statistisch signifikant (OR: 1,9; 95% KI: 0,97–3,8). Bei den sekundären Endpunkten ergab sich kein statistisch signifikanter Unterschied. Den Prozessdaten zufolge wurden die Studienprozeduren und die Intervention weitgehend wie geplant umgesetzt und von den Zielgruppen positiv bewertet. Eine besondere Herausforderung war der Rekrutierungsprozess.

Schlussfolgerung: Die Intervention und Prozeduren wurden erfolgreich weiterentwickelt und umgesetzt. Die Ergebnisse der Effektprüfung sind vielversprechend. Da es sich um eine Pilotstudie handelte, war die Power der Studie nicht adäquat. Mit der Intervention sind keine adversen Effekte verbunden. Die Studie liefert wichtige Hinweise für die Konzeption einer konfirmatorischen Studie.

Interessenkonflikte: Es bestehen keine Interessenskonflikte.