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Fördernde und hemmende Faktoren bei der Anwendung einer digitalen individualisierten Entscheidungshilfe im Bereich der Knieendoprothetik aus der Sicht von Patient:innen und Orthopäd:innen – eine qualitative Studie
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Veröffentlicht: | 12. März 2024 |
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Hintergrund/Fragestellung: Trotz nachweislich hoher Effektivität von Knieendoprothesen ist ein relevanter Anteil an Patient:innen mit dem Behandlungsergebnis nicht zufrieden. Gründe hierfür sind u.a. die heterogene Indikationsstellung und unrealistische Erwartungen der Patient:innen. Daher wurde die S2k-Leitlinie (LL) „Indikation Knieendoprothese“ erarbeitet, die Empfehlungen zur Indikationsstellung und partizipativen Entscheidungsfindung enthält. Zur Unterstützung bei der Implementierung dieser LL wurde eine individualisierte digitale Entscheidungshilfe (EKIT-Tool) entwickelt. Ziel der Studie war es, die fördernden und hemmenden Faktoren bei der Anwendung des EKIT-Tools im Rahmen der Indikationsstellung für eine Knieendoprothese im stationären Setting aus der Sicht von Patient:innen und Orthopäd:innen zu explorieren.
Methoden: Diese qualitative Studie ist eingebettet in eine multizentrische clusterrandomisierte Studie, welche die Effekte des EKIT-Tools u.a. hinsichtlich Entscheidungsqualität und Leitlinienkonformität evaluiert [1]. Leitfadengestützte Interviews von an fortgeschrittener Gonarthrose erkrankten Patient:innen sowie auf Knieendoprothetik spezialisierten Orthopäd:innen wurden nach dem Indikationsgespräch unter Nutzung des EKIT-Tools durchgeführt. Alle Interviews wurden mit der qualitativen Inhaltsanalyse mit MAXQDA ausgewertet.
Ergebnisse: Insgesamt 17 Teilnehmer:innen, neun Patient:innen und acht Orthopäd:innen, wurden interviewt. Beide Zielgruppen schätzten die positive Beeinflussung des Entscheidungsprozesses und der partizipativen Entscheidungsfindung als Förderfaktoren ein. Jedoch wurde dies z.T. durch eine fehlende Ergebnisoffenheit eingeschränkt, da die Entscheidung für/gegen eine OP teils bereits vor dem Indikationsgespräch gefallen sei. Aus Sicht der Orthopäd:innen verbessere das EKIT-Tool die Durchführung eines strukturierten Indikationsgesprächs v.a. in Hinblick auf die Kommunikation über Erwartungen. Patient:innen empfanden es als förderlich, sich mit den eigenen Erwartungen auseinanderzusetzen. Orthopäd:innen schätzten das Alter der Patient:innen sowie den Zeitaufwand als Barrieren ein. Grafische Aufbereitungen empfanden Patient:innen z.T. schwierig.
Schlussfolgerung: Das EKIT-Tool hat das Potential, den Prozess der partizipativen Entscheidungsfindung positiv zu unterstützen. Eine Evaluation des EKIT-Tools vor Einweisung zur Knieendoprothese sollte in Erwägung gezogen werden, da es dort für Patient:innen im Entscheidungsprozess vermutlich den größtmöglichen Nutzen entfalten kann.
Interessenkonflikte: keine
Literatur
- 1.
- Lange T, Deckert S, Beyer F, Hahn W, Einhart N, Rössler M, et al. An individualized decision aid for physicians and patients for total knee replacement in osteoarthritis (Value-based TKR study): study protocol for a multi-center, stepped wedge, cluster randomized controlled trial. BMC Musculoskelet Disord. 2021; 22(1):783.