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25. Jahrestagung des Netzwerks Evidenzbasierte Medizin e. V.

Netzwerk Evidenzbasierte Medizin e. V. (EbM-Netzwerk)

13. - 15.03.2024, Berlin

Evidenzbasierte Gesundheitsinformationen und Entscheidungshilfen unter der Gerechtigkeits-Lupe – was können sie leisten?

Meeting Abstract

  • Christin Ellermann - Harding-Zentrum für Risikokompetenz, Fakultät für Gesundheitswissenschaften, Universität Potsdam, Potsdam, Deutschland
  • Christoph Wilhelm - Harding-Zentrum für Risikokompetenz, Fakultät für Gesundheitswissenschaften, Universität Potsdam, Potsdam, Deutschland
  • Felix G. Rebitschek - Harding-Zentrum für Risikokompetenz, Fakultät für Gesundheitswissenschaften, Universität Potsdam, Potsdam, Deutschland; Max-Planck-Institut für Bildungsforschung, Deutschland
  • Jana S. Hinneburg - Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Medizinische Fakultät, Institut für Gesundheits- und Pflegewissenschaft, Halle, Deutschland; Harding-Zentrum für Risikokompetenz, Fakultät für Gesundheitswissenschaften, Universität Potsdam, Potsdam, Deutschland

Evidenzbasierte Politik und Gesundheitsversorgung – erreichbares Ziel oder Illusion?. 25. Jahrestagung des Netzwerks Evidenzbasierte Medizin. Berlin, 13.-15.03.2024. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2024. Doc24ebmPS4-1-06

doi: 10.3205/24ebm082, urn:nbn:de:0183-24ebm0823

Veröffentlicht: 12. März 2024

© 2024 Ellermann et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund/Fragestellung: Evidenzbasierte Gesundheitsinformationen (EBGI) und Entscheidungshilfen (DAs) sind Schlüsselelemente einer hochqualitativen Gesundheitsversorgung. Gegenüber einer Standardversorgung existiert robuste Evidenz zu ihrem positiven Effekt auf Endpunkte wie Wissenszuwachs und Verstehen [1]. Unklar ist jedoch, ob dieser Effekt trotz des Zielgruppeneinbezugs im Entwicklungs- und Evaluationsprozess mit Blick auf Ungleichheitsfaktoren wie z.B. Bildung und Herkunft hält. Die Annahme ist, dass Gesundheitsinterventionen, die nicht vor diesem Hintergrund entwickelt wurden, Ungerechtigkeit in Gesellschaften verstärken, indem sie die Bedingungen lediglich für weniger Benachteiligte verbessern (z.B. höher Gebildete) [2]. Zentrale Frage dieser Arbeit ist daher, ob unterschiedliche soziale Gruppen von EBGI und DAs in gleicher Weise profitieren: inwiefern und welche benachteiligenden Faktoren in Evaluationsstudien berücksichtigt wurden und welchen Einfluss diese auf entscheidungsrelevante Endpunkte (z.B. Wissen) haben.

Methoden: Systematisches Review von RCTs, die den Effekt von EBGI und DAs zwischen weniger und mehr benachteiligten Gruppen untersuchen: Einschluss von Evaluationsstudien zu evidenz- als auch nicht evidenzbasierten Gesundheitsinformationen (Intervention) vs. Standardinformationen/keine Informationen (Kontrolle). Ausschluss von Studien mit Fokus auf eine spezifische benachteiligte Gruppe. Suche in Fachdatenbanken (u.a. Cochrane Library, PubMed, Embase, PsycINFO) ohne zeitliche Beschränkung. PROSPERO-Registrierung (CRD42018103456).

Ergebnisse: Screening von etwa 3.500 und Einschluss von 20 Studien: benachteiligende Faktoren sind u.a. ethnische Herkunft, Sprache, Bildung, sozioökonomischer Status, Gesundheitskompetenz. Entscheidungsrelevante Endpunkte sind u.a. Wissen, Verstehen, informierte Entscheidung und (ungelöste) Entscheidungskonflikte. Der Effekt mit Blick auf Ungleichheitsfaktoren ist komplex – z.B. gibt es keinen Unterschied in Bezug auf das vermittelte Wissen zwischen niedrig und hoch Gebildeten, aber für Ethnizität. Heterogene Interventionen, Zielgruppen, Erhebungsinstrumente, Ergebnisdarstellung und Studienqualität erschweren eine Metaanalyse, weshalb die Ergebnisse narrativ zusammengefasst wurden.

Schlussfolgerung: Mit Blick auf eine adäquate und gerechte evidenzbasierte Gesundheitsversorgung sollten Ungleichheitsfaktoren der Zielgruppen bei der Entwicklung und Evaluation von Gesundheitsinformationen mehr in den Blick genommen werden.

Interessenkonflikte: Die Autor:innen erklären, dass keine finanziellen Interessenkonflikte vorliegen.


Literatur

1.
Stacey D, Légaré F, Lewis K, Barry MJ, Bennett CL, Eden KB, Holmes-Rovner M, Llewellyn-Thomas H, Lyddiatt A, Thomson R, Trevena L. Decision aids for people facing health treatment or screening decisions. Cochrane Database Syst Rev. 2017 Apr 12;4(4):CD001431. DOI: 10.1002/14651858.CD001431.pub5. Externer Link
2.
O'Neill J, Tabish H, Welch V, Petticrew M, Pottie K, Clarke M, Evans T, Pardo Pardo J, Waters E, White H, Tugwell P. Applying an equity lens to interventions: using PROGRESS ensures consideration of socially stratifying factors to illuminate inequities in health. J Clin Epidemiol. 2014 Jan;67(1):56-64. DOI: 10.1016/j.jclinepi.2013.08.005. Externer Link