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24. Jahrestagung des Netzwerks Evidenzbasierte Medizin e. V.

Netzwerk Evidenzbasierte Medizin e. V. (EbM-Netzwerk)

22. - 24.03.2023, Potsdam

Klimawandel: Einfluss von Feinstaub und Temperatur auf die Influenza-Inzidenz in städtischen und ländlichen Regionen

Meeting Abstract

  • Jörn Rittweger - Institut für Luft- und Raumfahrtmedizin, Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), Deutschland
  • Lorenza Gilardi - Deutsches Fernerkundungsdatenzentrum, Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), Deutschland
  • Tobias Antoni - AOK Baden-Württemberg, Hauptverwaltung, Deutschland
  • Michael Bittner - Deutsches Fernerkundungsdatenzentrum, Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), Deutschland
  • Simon Dally - AOK Baden-Württemberg, Hauptverwaltung, Deutschland
  • Stella Dammbach - AOK Baden-Württemberg, Hauptverwaltung, Deutschland
  • Thilo Erbertseder - Deutsches Fernerkundungsdatenzentrum, Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), Deutschland
  • Maria Gonzalez Medina - AOK Baden-Württemberg, Hauptverwaltung, Deutschland
  • Matthias Schmid - Universität Bonn, Institut für Medizinische Biometrie, Informatik und Epidemiologie, Bonn, Deutschland
  • Marie-Therese Schmitz - Universität Bonn, Institut für Medizinische Biometrie, Informatik und Epidemiologie, Bonn, Deutschland
  • Sabine Wüst - Deutsches Fernerkundungsdatenzentrum, Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), Deutschland
  • Maxana Baltruweit - AOK Baden-Württemberg, Hauptverwaltung, Deutschland
  • Sabine Hawighorst-Knapstein - AOK Baden-Württemberg, Hauptverwaltung, Deutschland

Gesundheit und Klima – EbM für die Zukunft. 24. Jahrestagung des Netzwerks Evidenzbasierte Medizin. Potsdam, 22.-24.03.2023. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2023. Doc23ebmV2-05

doi: 10.3205/23ebm020, urn:nbn:de:0183-23ebm0205

Veröffentlicht: 21. März 2023

© 2023 Rittweger et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund/Fragestellung: Der Klimawandel mit zunehmenden Temperaturextremen und steigender Feinstaubbelastung weist vielfach assoziierte Gesundheitsrisiken auf: diese wurden hinsichtlich der Influenza-Inzidenz am Beispiel von Baden-Württemberg in ländlichen und städtischen Regionen analysiert mit dem Ziel, die Bevölkerungsgesundheit und Gesundheitskompetenz zu diesen Zusammenhängen zu fördern und zukünftig zu verbessern.

Methoden: Um die komplette raumzeitliche Abdeckung des Gebiets von Baden-Württemberg mit Informationen zu Luftschadstoffen und deren Auswirkung auf ein zusätzliches Gesundheitsrisiko für die Bevölkerung zu erlangen, wurden komplexe Modellrechnungen angewandt, die unter anderem auf Daten des Copernicus Atmosphärenüberwachungsdienstes und des Copernicus Klimawandeldienstes gestützt sind. Diese wurden auf Postleitzahlenebene mit Krankenversicherungsdaten verschnitten. Die Assoziation zwischen Influenza-Inzidenz wurde mittels generalisierten additiven Modellen untersucht, wobei für den Ort per Gauß’schen Markov-Zufallsfeld-Glättungen adjustiert wurde.

Ergebnisse: Während des 9-jährigen Beobachtungszeitraums zu einer 3,85-Millionen-Kohorte zeigten sich deutliche Zusammenhänge der Influenza-Inzidenz mit niedrigen Temperaturen und mit hohen Feinstaub-Belastungen, nicht jedoch mit der Stickstoffdioxid-Belastung. Beim Vergleich der 5%- und der 95%-Perzentile der Belastungen für die Feinstaub-Belastung wurde eine Verdoppelung, für kalte Temperaturen eine Verachtfachung des Influenza-Risikos beobachtet (Rittweger et al., 2022, [1]). Rechnerisch entspricht dies bis zu 3.499 zusätzlich temperaturbedingten Infektionen pro 100.000 AOK-Kunden pro Jahr und bis zu 402 feinstaubbedingten.

Schlussfolgerung: Die Ergebnisse unterstützen die Zusammenhänge zu Temperaturextremen angesichts des Klimawandels und zur Feinstaubbelastung mit Folgen auch für die Influenza-Inzidenz. Es gilt, diese Erkenntnisse breiter in der Öffentlichkeit bekannt zu machen und zukünftig zu beachten, indem auch die Aufklärung in der medizinischen Versorgung zu gesundheitsrelevanten Schutz- und Anpassungsmaßnahmen multiprofessionell zu fördern ist, z.B. zu Grippeimpfungen, zum Rauchstopp, zum Maskenschutz, um damit der Verhaltens- und Verhältnisprävention individuell, kommunal und saisonal evidenzbasiert vermehrt Rechnung zu tragen.

Interessenkonflikte: Die Autor:innen erklären keinen Interessenkonflikt zu haben.


Literatur

1.
Rittweger J, Gilardi L, Baltruweit M, Dally S, Erbertseder T, Mittag U, Naeem M, Schmid M, Schmitz MT, Wüst S, Dech S, Jordan J, Antoni T, Bittner M. Temperature and particulate matter as environmental factors associated with seasonality of influenza incidence - an approach using Earth observation-based modeling in a health insurance cohort study from Baden-Württemberg (Germany). Environ Health. 2022 Dec 16;21(1):131. DOI: 10.1186/s12940-022-00927-y Externer Link