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Brücken bauen – von der Evidenz zum Patientenwohl: 19. Jahrestagung des Deutschen Netzwerks Evidenzbasierte Medizin e. V.

Deutsches Netzwerk Evidenzbasierte Medizin e. V.

08.03. - 10.03.2018, Graz

Gesundheit 4.0 – Hilft die Digitalisierung dem Patienten in Forschung und Versorgung?

Meeting Abstract

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  • author presenting/speaker Christiane Woopen - Universität zu Köln, CERES
  • presenting/speaker Gerd Antes - Cochrane Deutschland
  • presenting/speaker Hans van Delden - Universität Utrecht

Brücken bauen – von der Evidenz zum Patientenwohl. 19. Jahrestagung des Deutschen Netzwerks Evidenzbasierte Medizin. Graz, Österreich, 08.-10.03.2018. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2018. Doc18ebmS-06

doi: 10.3205/18ebm147, urn:nbn:de:0183-18ebm1474

Veröffentlicht: 6. März 2018

© 2018 Woopen et al.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Gliederung

Text

Die zunehmende Digitalisierung verändert die Medizin in Forschung, Diagnostik, Therapie, Prädiktion und Prävention grundlegend. Es werden große Mengen gesundheitsrelevanter Daten aus allen Bereichen des Lebens gesammelt, zusammengeführt und ausgewertet. Digitale Anwendungen wie Gesundheits-Apps, Entscheidungsunterstützungssysteme oder telemedizinische Verfahren entstehen in großer Geschwindigkeit, zumeist ohne dass eine systematische Prüfung und Absicherung der Qualität gegeben ist.

Die Hoffnungen von Befürwortern Big Data-gestützter Maßnahmen richten sich auf den Fortschritt von personalisierter oder Präzisionsmedizin. Sie sehen die Chance einer Stärkung der Selbstbestimmung und der Gesundheitskompetenz von Patienten sowie ihrer umfassenderen Partizipation in Forschung und Versorgung. Kritiker warnen demgegenüber vor einer Unterwanderung wissenschaftlicher und klinischer Standards sowie vor dem gläsernen Patienten, dessen Privatheit verletzt wird.

In diesem Symposium sollen unterschiedliche Sichtweisen auf die Digitalisierung dargestellt und kontrovers diskutiert werden.

Prof. Dr. Gerd Antes
Co-Direktor Cochrane Deutschland
Wegbereiter der evidenzbasierten Medizin in Deutschland

Titel: Digitalisierung und Big Data aus der Perspektive der Evidenzbasierten Medizin

1.
Der Big Data-Ansatz widerspricht den Grundkonzepten von good scientific und good clinical practice sowie den Methoden der evidenzbasierten Medizin. Beispielsweise ersetzt Korrelation nicht Kausalität und Nutzen sowie Schaden einer Maßnahme sind ausschließlich auf das Outcome zu beziehen.
2.
Mehr Daten bedeuten nicht zwangsläufig mehr Information, oftmals sogar weniger.
3.
Ethische Grundprinzipien der klinischen Forschung wie etwa informierte Einwilligung sowie Daten- und Patientenschutz gelten auch für Big Data-Forschung.

Prof. Dr. Johannes JM van Delden
Professor für Medizinethik, Universität Utrecht
Vorsitzender des International Bioethics Committee (IBC) der UNESCO
Bis Dezember 2016 Präsident des Council for International Organizations of Medical Sciences (CIOMS)

Titel: Patientenpartizipation in der Big Data-Forschung

1.
In Zeiten von Big Data-Technologien können Daten aus der Versorgung für die Forschung verwendet werden und Erkenntnisse aus der Forschung können unmittelbarer in die Versorgung eingehen als es heute der Fall ist. Die Grenze zwischen klinischer Versorgung und Forschung verschwimmt.
2.
Es bedarf einer großen Menge und Vielzahl von Patientendaten für die Forschung, um das Verständnis von Gesundheit und Krankheit voranzubringen.
3.
Die Einbeziehung von Patienten in die Forschung und Versorgung ist unverzichtbar, damit in diesem Prozess die richtigen Fragen gestellt, die für Patienten besonders relevanten Endpunkte definiert und die richtigen Entscheidungen während des Forschungsprozesses getroffen werden. Nicht zuletzt spielen sie eine entscheidende Rolle bei der Implementierung von Forschungsergebnissen in die Praxis.

Prof. Dr. Christiane Woopen
Professorin für Ethik und Theorie der Medizin, Universität zu Köln
Geschäftsführende Direktorin von ceres (Cologne Center for Ethics, Rights, Economics, and Social Sciences of Health)

Vorsitzende der European Group on Ethics in Science and New Technologies
Bis April 2016 Vorsitzende des Deutschen Ethikrates
Koordinatorin des Berichts „Big Data and Health“ des International Bioethics Committee der UNESCO

Titel: Digitalisierung für ein patientenzentriertes, lernendes Gesundheitssystem

1.
Digitalisierung und Big Data-Ansätze können die Selbstbestimmung und die Gesundheitskompetenz von Nutzern gesundheitsbezogener Anwendungen stärken.
2.
Dabei sind große Herausforderungen die Qualität der Daten und der Datenverarbeitung sowie für den Schutz personenbezogener Daten und für die Privatheit zu bewältigen.
3.
Es ist aus medizinischen und ethischen Gründen anzustreben, im Rahmen eines lernenden Gesundheitswesens die Daten aus der alltäglichen Gesundheitsversorgung systematisch forschend zu nutzen, um die Gesundheitsversorgung patientenzentriert und evidenzbasiert weiterzuentwickeln.