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Brücken bauen – von der Evidenz zum Patientenwohl: 19. Jahrestagung des Deutschen Netzwerks Evidenzbasierte Medizin e. V.

Deutsches Netzwerk Evidenzbasierte Medizin e. V.

08.03. - 10.03.2018, Graz

Was tun, wenn die Evidenz fehlt? – Konzeption einer Erprobungsstudie durch den Gemeinsamen Bundesausschuss

Meeting Abstract

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  • author presenting/speaker Antje Gottberg - GKV-Spitzenverband, Berlin
  • Sandra Janatzek - Medizinischer Dienst des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen e. V. (MDS)

Brücken bauen – von der Evidenz zum Patientenwohl. 19. Jahrestagung des Deutschen Netzwerks Evidenzbasierte Medizin. Graz, Österreich, 08.-10.03.2018. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2018. Doc18ebmP2-3

doi: 10.3205/18ebm075, urn:nbn:de:0183-18ebm0755

Veröffentlicht: 6. März 2018

© 2018 Gottberg et al.
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Gliederung

Text

Das Lipödem ist eine schmerzhafte, symmetrische, anlagebedingte übermäßige Fettgewebsvermehrung an den Extremitäten. Zusätzlich bestehen vermehrte Wassereinlagerungen. Es tritt nahezu ausschließlich bei Frauen auf und führt zu Spannungs- und Druckgefühl und erhöhter Berührungsempfindlichkeit in den betroffenen Regionen. Die Standardbehandlung, die zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) durchgeführt werden kann, ist eine dauerhafte physikalische Entstauungstherapie, bestehend aus Lymphdrainagen, Kompression und Bewegungstherapie. Viele Frauen hingegen wünschen Liposuktionsbehandlungen (Fettabsaugung) der betroffenen Regionen in der Hoffnung auf Symptomlinderung oder gar Heilung. Die Liposuktion ist bislang keine Leistung der GKV. Das von den Betroffenen vorgetragene Begehren beschäftigt Krankenversicherungen, Gutachtendienste und Sozialgerichte seit vielen Jahren in einem großen Ausmaß.

Im März 2014 hatte die Patientenvertretung im Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) daher einen Antrag zur Nutzenbewertung der Liposuktion beim Lipödem gestellt.

Der G-BA kam zu dem Schluss, dass ein hinreichender Nutzenbeleg nicht vorliegt. Die wenigen gefundenen Fallserien entsprechen der Evidenzklasse IV. Auf Basis der gefundenen Studien kann jedoch das Potenzial einer erforderlichen Behandlungsalternative angenommen werden. Bei allen bestehenden methodischen Limitationen geben die Ergebnisse Anhaltspunkte dafür, dass mindestens ein Teil der behandelten Patientinnen von der Liposuktion profitiert, indem die physikalische Entstauungstherapie reduziert werden kann, ohne den bisherigen Behandlungserfolg einzubüßen. Auf den verwendeten Beschwerdeskalen kam es zu signifikanten Reduktionen der subjektiven Beeinträchtigung und auch für die Lebensqualität werden signifikante Verbesserungen beschrieben.

Für die Bewertung des Nutzens sind jedoch vielmehr Ergebnisse aus einer randomisierten kontrollierten Studie als erforderlich. Der G-BA hat daher eine Richtlinie zu einer Erprobungsstudie beschlossen, in der bei Patientinnen mit Lipödem die Liposuktion mit der alleinigen physikalischen Entstauungstherapie vergleichen werden soll. Bei der Konzeption der Studie wird durch verschiedene Maßnahmen der Erwartung Rechnung getragen, dass die Rekrutierung durch die Aussicht, per Losentscheid in die Vergleichsgruppe zu kommen erschwert werden würde. Der Kongressbeitrag stellt die Entwicklung des Studienkonzeptes und die Maßnahmen zur Erreichung der benötigten Teilnehmerzahl vor.