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Brücken bauen – von der Evidenz zum Patientenwohl: 19. Jahrestagung des Deutschen Netzwerks Evidenzbasierte Medizin e. V.

Deutsches Netzwerk Evidenzbasierte Medizin e. V.

08.03. - 10.03.2018, Graz

Alternative Darstellungen verbessern das Verständnis von Nebenwirkungen in Beipackzetteln: Eine randomisiert-kontrollierte, explorative Erhebung

Meeting Abstract

  • author presenting/speaker Viktoria Mühlbauer - Gesundheitswissenschaften, MIN-Fakultät, Universität Hamburg
  • Roman Prinz - Harding Zentrum für Risikokompetenz, Max-Planck-Institut für Bildungsforschung
  • Ingrid Mühlhauser - Universität Hamburg
  • Odette Wegwarth - Harding Zentrum für Risikokompetenz, Max-Planck-Institut für Bildungsforschung

Brücken bauen – von der Evidenz zum Patientenwohl. 19. Jahrestagung des Deutschen Netzwerks Evidenzbasierte Medizin. Graz, Österreich, 08.-10.03.2018. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2018. Doc18ebmV-10-3

doi: 10.3205/18ebm059, urn:nbn:de:0183-18ebm0597

Veröffentlicht: 6. März 2018

© 2018 Mühlbauer et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund und Fragestellung: Aktuell verwendete Beipackzettel lassen keine Unterscheidung zu, in welchem Ausmaß es sich bei den dort als Nebenwirkungen gelisteten Ereignissen tatsächlich um Nebenwirkungen handelt, die durch die Arzneimitteleinnahme verursacht werden oder aber um Ereignisse, die alltägliche und von der Einnahme unabhängige Symptome sind. In einer früheren Studie haben wir gezeigt, dass Ärzte, Apotheker und Vertreter anderer Gesundheitsberufe die gelisteten Häufigkeiten von Nebenwirkungen als kausal durch die Medikamenteneinnahme verursacht fehlinterpretieren [1].

Basierend auf Patienten-Informationsformaten von Schwartz et al. [2] und Barron et al. [3] wurden alternative Darstellungen entwickelt, die ein korrektes Verständnis ermöglichen sollen.

Material/Methoden: Im März 2017 nahmen 397 von 400 Laien an einem Online-Survey teil. Sie wurden entweder zu einer von drei alternativen Beipackzettelformaten (drug facts box mit/ohne Lesebeispiel, narratives Format mit Zahlen) oder zu einem Standard-Beipackzettelformat (Kontrollgruppe) randomisiert. Alle Formate enthielten jeweils vier gelistete Symptome, wovon zwei als häufiger unter der Einnahme eines fiktiven Medikaments, eines als gleich häufig und eines als weniger häufig unter Medikamenteneinnahme dargestellt wurden. Die alternativen Formate enthielten Angaben zur Häufigkeit der Symptome mit und ohne Einnahme des Arzneimittels sowie einen interpretierenden Satz zur Erläuterung. Es wurden zwei Fragen gestellt: zur generellen Häufigkeit und zur Kausalität der Nebenwirkungen.

Ergebnisse: Fast kein Teilnehmer der Kontrollgruppe konnte die Kausalitätsfragen richtig beantworten. Bei Nebenwirkungen, die häufiger (vergleichbar; seltener) unter der Arzneimitteleinnahme auftraten, gaben lediglich 1,9% bis 2,8% (vergleichbar: 1,9%; seltener: 1,9%) eine korrekte Antwort im Vergleich zu 55.0% bis 81.9% (vergleichbar: 23.8% bis 70.5%; seltener: 21.0% bis 43.2%) derer, die alternative Gebrauchsinformationen erhalten hatten. Unklar ist, ob eines der alternativen Formate den anderen überlegen ist.

Schlussfolgerung: Informationen zur Häufigkeit von Nebenwirkungen in aktuellen Gebrauchsinformationen sind irreführend. Die Darstellung der Nebenwirkungen mit und ohne Arzneimitteleinnahme sowie ein erklärender Satz verbessern nachweislich das Verständnis.


Literatur

1.
Mühlbauer V, Mühlhauser I. Understanding adverse drug reactions in package leaflets - an exploratory survey among health care professionals. BMC Health Serv Res. 2015;15:505.
2.
Schwartz LM, Woloshin S, Welch HG. The drug facts box: providing consumers with simple tabular data on drug benefit and harm. Med Decis Making. 2007;27(5):655-62.
3.
Barron AJ, Zaman N, Cole GD, Wensel R, Okonko DO, Francis DP. Systematic review of genuine versus spurious side-effects of beta-blockers in heart failure using placebo control: recommendations for patient information. Int J Cardiol. 2013;168(4):3572-9.