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Brücken bauen – von der Evidenz zum Patientenwohl: 19. Jahrestagung des Deutschen Netzwerks Evidenzbasierte Medizin e. V.

Deutsches Netzwerk Evidenzbasierte Medizin e. V.

08.03. - 10.03.2018, Graz

Welche präklinische Evidenz fordern EMA und FDA für frühe klinische Studien? Eine Auswertung aller 234 „Therapeutic Area Guidelines“ von EMA und FDA

Meeting Abstract

  • author presenting/speaker Holger Langhof - Institute for History, Ethics and Philosophy of Medicine, Hannover Medical School
  • William Wei Lim Chin - Medizinische Hochschule Hannover
  • Susanne Wieschowski - Institute for History, Ethics and Philosophy of Medicine, Hannover Medical School
  • Carole Federico - McGill University, Montreal, Canada
  • Jonathan Kimmelman - McGill University, Montreal, Canada
  • Daniel Strech - Institute for History, Ethics and Philosophy of Medicine, Hannover Medical School

Brücken bauen – von der Evidenz zum Patientenwohl. 19. Jahrestagung des Deutschen Netzwerks Evidenzbasierte Medizin. Graz, Österreich, 08.-10.03.2018. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2018. Doc18ebmV-07-1

doi: 10.3205/18ebm039, urn:nbn:de:0183-18ebm0391

Veröffentlicht: 6. März 2018

© 2018 Langhof et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Präklinische Studien sind die Grundlage für die Planung und Zulassung früher klinischer Arzneimittelprüfungen (Phase I/II). Neben Daten zur Sicherheit des neuen Wirkstoffes sind es präklinische Wirksamkeitsstudien, die eine Anwendung am Menschen rechtfertigen („clinical promise“). Für die Planung und Beantragung einer Prüfung in einem bestimmten Indikationsbereich muss daher definiert sein, welche präklinischen Daten für die Translation erforderlich sind. In sogenannten „Therapeutic area guidelines“ (TAGs) veröffentlichen die European Medicines Agency (EMA)und die U.S. Food and Drug Administration (FDA) konkrete Vorgaben für die Planung und Durchführung klinischer Prüfungen. In dieser Studie wurden alle verfügbaren TAGs verglichen im Hinblick auf die Art und den Umfang, in dem Daten aus präklinischen Studien gefordert werden.

Methoden: Die Websites von EMA und FDA wurden systematisch nach TAGs durchsucht. Auf Grundlage der ICH E6 GCP-Leitlinie wurde eine Matrix aus 14 relevanten präklinischen Daten erstellt. Die Matrix wurde zur deduktiven Auswertung der TAGs verwendet. Um die Sensitivität und Spezifizität der Auswertung zu erhöhen, wurde die Matrix iterativ durch induktive Ergänzungen erweitert.

Ergebnisse: Insgesamt wurden 114 EMA und 120 FDA TAGs gefunden, die zusammen 126 Indikationen abdecken. Die Hälfte der EMA TAGs und 46% der FDA TAGs enthalten keine Vorgaben oder Empfehlungen zu präklinischen Daten. Von den 57 EMA und 65 FDA TAGs, die Vorgaben zu präklinischen Daten machen, enthalten 22 (39%) EMA und 20 (31%) FDA TAGs Vorgaben zu Spezies, 10 (18%) bzw. 30 (46%) zu Wirksamkeitsstudien, 24 (42%) bzw. 40 (61%) zur experimentellen Pharmakologie, 1 (2%) bzw. 24 (40%) zur Pharmakokinetik und 24 (42%) bzw. 62 (95%) zu experimenteller Toxikologie. Insgesamt unterscheiden sich die TAGs deutlich im Hinblick auf das Ausmaß an Vorgaben zu präklinischen Daten und deren Spezifizierung.

Schlussfolgerungen: Konsistentere, umfassendere und genauere Vorgaben zu präklinischen Daten im Vorfeld der klinischen Translation können zu mehr Transparenz in der Arzneimittelentwicklung beitragen. Neben einem intrinsischen Wert kann diese Transparenz Sponsoren und Regulierungsbehörden bei der Planung und Zulassung früher klinischer Studien unterstützen. Vor dem Hintergrund hoher Misserfolgsquoten in klinischen Studien, können eindeutigere und verbindlichere Vorgaben zu präklinischen Daten einen Beitrag dazu leisten, überflüssige Forschung zu verhindern, für die keine ausreichende Evidenz für einen „clinical promise“ vorliegt.