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Gemeinsam informiert entscheiden: 17. Jahrestagung des Deutschen Netzwerks Evidenzbasierte Medizin

Deutsches Netzwerk Evidenzbasierte Medizin e.V.

03.03. - 05.03.2016, Köln

Physiotherapeutische Sichtweise zur evidenzbasierten Versorgung von Patienten mit Kreuzschmerzen im Kontext des STarT-Back-Therapiekonzepts – eine qualitative Studie

Meeting Abstract

  • author presenting/speaker Pauline Kuithan - Fakultät für Therapiewissenschaften, SRH Hochschule Heidelberg; Studiengang Master of Science in Sportphysiotherapie, Deutsche Sporthochschule Köln, Heidelberg, Deutschland
  • author Katja Krug - Abteilung Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung, Universitätsklinikum Heidelberg, Heidelberg, Deutschland
  • author Jost Steinhäuser - Institut für Allgemeinmedizin, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Lübeck, Deutschland
  • author Joachim Szecsenyi - Abteilung Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung, Universitätsklinikum Heidelberg, Heidelberg, Deutschland
  • author Stefanie Joos - Institut für Allgemeinmedizin und Interprofessionelle Versorgung, Universitätsklinikum Tübingen, Tübingen, Deutschland
  • corresponding author Sven Karstens - Fachbereich Informatik; Therapiewissenschaften, Hochschule Trier; ehem. Abteilung Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung, Universitätsklinikum Heidelberg, Trier, Deutschland

Gemeinsam informiert entscheiden. 17. Jahrestagung des Deutschen Netzwerks Evidenzbasierte Medizin. Köln, 03.-05.03.2016. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2016. Doc16ebmP60

doi: 10.3205/16ebm133, urn:nbn:de:0183-16ebm1334

Veröffentlicht: 23. Februar 2016

© 2016 Kuithan et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund/ Fragestellung: Inwieweit die zunehmenden Forderungen nach evidenzbasierter Praxis (EBP) in der Versorgung von Patienten mit Kreuzschmerzen durch Physiotherapeuten (PT) in Deutschland umgesetzt werden, ist derzeit unklar. Der in Großbritannien entwickelte STarT-Back-Therapieansatz (Subgroups for Targeted Treatment) teilt Patienten mithilfe des STarT-Fragebogens in drei Gruppen nach deren Therapieprognose ein und stellt eine evidenzbasierte Therapie durch zuvor speziell geschulte PT dar.

Im Fokus dieses Beitrags steht die Einstellung deutscher PT zur evidenzbasierten Versorgung von Patienten mit Kreuzschmerzen der mittleren Risikogruppe nach dem STarT-Konzept.

Methode: Es wurden drei zweistündige Workshops mit PT durchgeführt. Nach einer Vorstellung des STarT-Konzepts wurden in Fokusgruppen Inhalte und Rahmenbedingungen für eine Einführung des Konzepts in das deutsche Versorgungssystem diskutiert. Die Diskussionen orientierten sich an einem semi-standardisierten Leitfaden, wurden digital aufgezeichnet, transkribiert und mittels Qualitativer Inhaltsanalyse ausgewertet.

Ergebnisse: Insgesamt nahmen 19 PT (Alter: M 41,2 (SD 8,6) Jahre), davon vier Männer, an den Fokusgruppen teil. Durch die Auswertung der Diskussion zum Therapiepfad der mittleren Risikogruppe konnten vier Unterkategorien mit insgesamt 18 Codes exploriert werden.

EBP wurde generell begrüßt, ein direkter Mehrwert wurde allerdings teilweise angezweifelt. Barrieren gegen die Umsetzung von EBP waren Zeitaufwand, fehlende Zugangsmöglichkeiten und das Verständnis von Fachtermini. Zudem wurde EBP teilweise auf externe Evidenz reduziert und so als Einschränkung individualisierter Therapie diskutiert. Die Umsetzung einer evidenzbasierten Therapie wie im STarT-Konzept wurde von manchen Teilnehmern als „täglich Brot“ bewertet, anderseits schienen Untersuchung und Beratung teils nicht konsequent in die Therapie integriert zu werden. Auch über den Einsatz passiver Maßnahmen und Massage wurde berichtet. Die STarT-Back-Schulung wurde als Chance gesehen, die aktuell heterogene Versorgungslage zu verbessern, Therapieinhalte zu präzisieren und zu schulen.

Schlussfolgerung: Die Ergebnisse zeigen Handlungsbedarf zur Förderung des Verständnisses der EBP und des Transfers in die physiotherapeutische Praxis auf. Für die Umsetzung des evidenzbasierten STarT-Ansatzes erscheint eine gezielte Anpassung des Schulungsprogramms an die Bedürfnisse deutscher PT sinnvoll.