Artikel
Evidenzbasierte Handlungsempfehlungen zur Therapie von Methamphetamin-Abhängigkeit?
Suche in Medline nach
Autoren
Veröffentlicht: | 23. Februar 2016 |
---|
Gliederung
Text
Hintergrund und Fragestellung: In bestimmten Regionen Deutschlands wird eine verstärkte Verbreitung von kristallinem Methamphetamin (MA) beobachtet. Da MA unter den „Neuen psychoaktiven Substanzen“ Besonderheiten in Hinblick auf Wirkung, Symptomatik und die Entwicklung einer Abhängigkeit aufweist, sollten klinische Entscheidungen idealerweise auf Basis substanzspezifischer Studien getroffen werden. Vom Bundesministerium für Gesundheit wurden wir beauftragt, Handlungsempfehlungen zur Therapie von MA-Abhängigen systematisch zu entwickeln.
Material/Methoden: Systematische Literaturrecherche im Juni 2015 zu therapeutischen Interventionen bei Methamphetamin-Abhängigkeit in folgenden Datenbanken: Cochrane-Database, PubMed, PSYINDEX über DIMDI, OVID-Datenbank „PsycINFO” und Handsuche. Einschlusskriterien waren Methamphetamin-Abhängigkeit, Therapiestudien (alle Designs) und systematische Reviews, publiziert ab dem Jahr 2000. Zusätzlich erfolgte eine systematische Leitlinien-Recherche. Das Evidenzlevel wurde auf Basis der CEBM-Kriterien festgelegt. Die methodische Bewertung der Leitlinien erfolgte mittels DELBI, bei systematischen Reviews wurde der AMSTAR-Score angewendet.
Ergebnisse: Wir fanden 265 Leitlinien, von denen 9 als relevant erachtet wurden. Die Suche nach Therapiestudien ergab 2.408 Treffer. Nach Titel-/Abstract- und Volltext-Screening wurden 115 Treffer eingeschlossen. Davon betrafen 57 medikamentöse Therapien, 32 Psychotherapien, 19 weitere Therapien (z.B. Sport, Akupunktur) und 4 Schadensminimierung. Alle Studien hatten relevante Einschränkungen. Zu den häufigsten methodischen Mängeln gehörten kleine Patientenzahlen, hohe Drop-out-Raten sowie ungenügende oder nicht vorhandene Angaben zu Patientencharakteristika und zur Verträglichkeit. Leitlinien waren überwiegend nicht systematisch entwickelt und in den wenigsten Fällen substanzspezifisch.
Schlussfolgerung: Nach unserem Kenntnisstand ist dies die erste systematische Recherche nach therapierelevanter Literatur mit ausschließlichem Fokus auf MA. In den meisten Fällen handelte es sich um randomisierte kontrollierte Studien, die jedoch zum großen Teil mit methodischen Mängeln behaftet waren, sodass sie nur wenige sichere Handlungsempfehlungen begründen konnten bzw. gegen bestimmte Interventionen sprachen. Relevante klinische Fragestellungen konnten mithilfe der identifizierten Evidenz nur unzureichend beantwortet werden. Da die beteiligten Experten bei der Ableitung von Empfehlungen v.a. auf klinische Erfahrungen angewiesen waren, wurden diese entsprechend vorsichtig formuliert.