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Gemeinsam informiert entscheiden: 17. Jahrestagung des Deutschen Netzwerks Evidenzbasierte Medizin

Deutsches Netzwerk Evidenzbasierte Medizin e.V.

03.03. - 05.03.2016, Köln

Versorgung multimorbider Patienten – Wie viel Evidenzbasis hat die klinische Expertise?

Meeting Abstract

Gemeinsam informiert entscheiden. 17. Jahrestagung des Deutschen Netzwerks Evidenzbasierte Medizin. Köln, 03.-05.03.2016. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2016. Doc16ebmD2d

doi: 10.3205/16ebm048, urn:nbn:de:0183-16ebm0483

Veröffentlicht: 23. Februar 2016

© 2016 Muche-Borowski et al.
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Gliederung

Text

Einleitung: Multimorbidität ist kein schicksalhafter Prozess, sondern im höheren Lebensalter ein sehr häufiges Phänomen und damit eine Herausforderung hinsichtlich der komplexen Versorgungsbedarfe. In der S3-Leitlinie „Multimorbidität“ wird ausgehend von Einzelfallvignetten, in einem „bottom-up“ Ansatz und unter Einbezug von externer Evidenz sowie klinischer Expertise ein übergreifendes Versorgungskonzept erarbeitet. Da keine evidenzbasierten Leitlinien existieren, ist das Ziel, hiermit einer leitliniengerechten Versorgung multimorbider Patienten näher zu kommen.

Methodik: Die Bearbeitung erfolgt in 6 qualitativen und/oder quantitativen Arbeitsschritten:

1.
Erarbeitung von Fallvignetten mit einer interdisziplinären Fokusgruppe: anhand fiktiver Patienten mit bekannten Multimorbiditätsmustern.
2.
Systematische Leitliniensynopse: durch systematisch recherchiert nationalen, aktuellen evidenzbasierten Leitlinien auf Basis der berichteten Hauptdiagnosen.
3.
Erfassung der hausärztlichen klinischen Einschätzung zu den Fallvignetten: zu den Aspekten: Abwenden gefährlicher Verläufe, Festlegung von Versorgungszielen, notwendige Diagnostik/ Therapie, Berücksichtigung von Lebensstil- und psychosozialen Faktoren.
4.
Zusammenfassung der externen Evidenz und der Experteneinschätzung zu einem fallspezifischen Versorgungsalgorithmus: (N-of-one-guidelines).
5.
Ableitung eines Meta-Algorithmus: aus diesen N-of-one-guidelines.
6.
Identifikation von Patientenwünschen und -werthaltungen: durch eine systematische Literaturaufbereitung und qualitativen Interviews mit multimorbiden Personen.

Ergebnisse: In den Arbeitschritten 1-4 wurden individuelle Versorgungsalgorithmen zu 10 Fallvignetten erarbeitet, die sich sowohl auf externe Evidenz als auch die klinische Einschätzung von 7 HausärztInnen stützen. Aspekte der Patientenperspektive konnten aus 9 Literaturstellen sowie aus 15 qualitativen Patienteninterviews eingebracht werden. Der aus diesem Material abgeleitete Meta-Algorithmus, erstreckt sich ausgehend vom aktuellen Behandlungsanlass bis zur Langzeitversorgung von multimorbiden Patienten und schließt bei jeder Entscheidung die Werthaltungen (Päferenzen) des Patienten ein.

Schlussfolgerungen: Der hier erarbeitete Meta-Algorithmus bildet, im Gegensatz zu einem einfachen Symptom-Algorithmus, einen übergeordneten hausärztlichen Denkprozess ab, der den ganzen Menschen berücksichtigt. Er soll das Kernstück für die Leitlinie zur hausärztlichen Versorgung von multimorbiden Patienten bilden.