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Erhöhung der Lebensqualität ohne Verbesserung objektiver Kriterien der kardialen Ischämie – ein Hinweis auf einen Nutzen?
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Veröffentlicht: | 23. Februar 2016 |
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Hintergrund: Für Nutzenbewertungen werden in der Regel kontrolliert randomisierte Studien (RCT) gefordert, in denen die Wirkung der zu untersuchenden Methode gegen eine Vergleichs- bzw. Scheintherapie verglichen wird. Dabei sollen Effekte auf patientenrelevante Endpunkte untersucht werden. Eine solche Studie wurde für die Bewertung der Implantation eines strömungsreduzierenden Drahtgeflechts (sogenanntes Reducer-System) im Koronarsinus zur Behandlung der therapierefraktären Angina pectoris (AP) identifiziert. In diesem RCT stehen statistisch signifikante Vorteile hinsichtlich patientenrelevanter Endpunkte im Vergleich mit einer Scheinbehandlung Ergebnissen gegenüber, die keinen Unterschied zwischen den Behandlungsgruppen bzgl. objektiver Ischämiekriterien erkennen lassen. Aus dieser Konstellation ergibt sich die Frage, wie die Ergebnisse in ihrer Gesamtschau zu bewerten sind.
Methode: Es wurde eine Nutzenbewertung nach dem Prinzip eines systematischen Reviews vorgenommen; 1 RCT wurde in die Nutzenbewertung eingeschlossen.
Ergebnisse: In der Studie berichteten die Patienten im Reducer-Arm eine statistisch signifikante Verbesserung der AP-Symptomatik und Krankheitswahrnehmung gegenüber dem Kontrollarm. Hinsichtlich objektiver Ischämiekriterien konnte zwischen den Behandlungsgruppen kein Unterschied festgestellt werden.
Diskussion: Bei Nutzenbewertungen von Medizinprodukten tritt häufig das Problem auf, dass patientenrelevante Ergebnisse fehlen, dafür aber Werte von Surrogat-Parametern berichtet werden. Dies wird häufig kritisiert und die Bedeutung von patientenrelevanten Ergebnissen betont. Der vorliegende Fall ist eine Ausnahme, da patientenrelevante Ergebnisse berichtet werden und sogar einen Vorteil der Intervention zeigen. Diese subjektiven Daten zur AP-Symptomatik und Krankheitswahrnehmung wurden direkt von den Patienten berichtet und sind u. U. anfällig für Verzerrungen, wenn z.B. die Verblindung nicht aufrechterhalten werden konnte. Da die Ergebnisse zu objektiven Ischämiekriterien, die jedoch keine direkte Patientenrelevanz besitzen, keinen Unterschied zeigen, sollten diese Ergebnisse mit Vorsicht interpretiert werden. Es erscheint kontraintuitiv, dass subjektive Beeinträchtigungen durch die AP abnehmen, obwohl objektive Kriterien darauf hindeuten, dass sich die Schwere der kardialen Ischämie nicht ändert. Vor dem Hintergrund dieser Unsicherheit kommt einer adäquaten Patientenaufklärung vor einer möglichen Reducer-Behandlung besonders große Bedeutung zu.