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Gemeinsam informiert entscheiden: 17. Jahrestagung des Deutschen Netzwerks Evidenzbasierte Medizin

Deutsches Netzwerk Evidenzbasierte Medizin e.V.

03.03. - 05.03.2016, Köln

Die Anatomie der Partizipativen Entscheidungsfindung

Meeting Abstract

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Gemeinsam informiert entscheiden. 17. Jahrestagung des Deutschen Netzwerks Evidenzbasierte Medizin. Köln, 03.-05.03.2016. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2016. Doc16ebmE1a

doi: 10.3205/16ebm006, urn:nbn:de:0183-16ebm0069

Veröffentlicht: 23. Februar 2016

© 2016 Kriston et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund und Fragestellung: Trotz der kontinuierlich steigenden gesundheitspolitischen Relevanz von Partizipativer Entscheidungsfindung (PEF, engl. Shared Decision Making) ist die Konzeptualisierung und Messung dieses Konstruktes mit zahlreichen Herausforderungen verbunden. Das Ziel der vorgestellten Studie war die genaue Modellierung der empirischen Struktur von PEF aus der Perspektive von Patienten, Behandler und externen Beobachtern.

Material/Methoden: Aus 27 Hausarztpraxen wurden Daten zu 285 Konsultationen mit Patienten mit einer chronischen Erkrankung erhoben. Die Patienten und die Behandler haben ihren subjektiv erlebten Ausmaß an PEF in der Konsultation jeweils mit einem Fragebogen beurteilt (Patienten: PEF-FB-9, engl. SDM-Q-9; Behandler: PEF-FB-Doc, engl. SDM-Q-Doc). Von 62 Konsultationen wurden zusätzlich Audioaufnahmen gemacht, die von zwei unabhängigen geschulten Beobachtern mit einem Fremdbeurteilungsinstrument zu PEF bewertet wurden (OPTON-12). Die Daten wurden mittels explorativer Strukturgleichungsmodellierung unter Berücksichtigung ihrer Mehrebenen-Struktur (Konsultationen innerhalb von Praxen) analysiert.

Ergebnisse: PEF ließ sich aus allen drei Perspektiven in hierarchisch strukturierten latenten Variablen abbilden. In guter Übereinstimmung mit der Theorie von Elwyn und Kollegen konnten u.a. Dimensionen identifiziert werden, die jeweils den Entscheidungskontext definieren („choice talk“), die Diskussion der Behandlungsoptionen beschreiben („option talk“) und den Entscheidungsprozess darstellen („decision talk“). Während von Patienten diese Dimensionen stark korreliert wahrgenommen waren, zeigten sie bei Behandlern etwas schwächere Zusammenhänge, während die externen Beobachter sie weitgehend distinkt einschätzen konnten. Wenn die Analyse auf der gleichen Ebene (innerhalb oder zwischen den Praxen) und anhand inhaltlich vergleichbarer Dimensionen erfolgte, konnte eine moderate bis starke Übereinstimmung von PEF-Einschätzungen zwischen Patienten, Behandlern und Beobachtern festgestellt werden.

Schlussfolgerung: Nach dem Wissenstand der Autoren konnte in der vorliegenden Studie erstmalig ein substantieller Zusammenhang zwischen den Einschätzungen von PEF aus verschiedenen Perspektiven gezeigt werden. Die Ergebnisse weisen auf die Möglichkeit einer objektiven Messung von PEF hin und können die Weiterentwicklung ihres theoretischen Gerüsts bereichern.