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EbM zwischen Best Practice und inflationärem Gebrauch
16. Jahrestagung des Deutschen Netzwerks Evidenzbasierte Medizin

Deutsches Netzwerk Evidenzbasierte Medizin e. V.

13.03. - 14.03.2015, Berlin

Evidenzbasierte Gesundheitssorge für Menschen mit Demenz – ein Novum in den Fort- und Weiterbildungsinhalten von ehrenamtlichen und Berufsbetreuern

Meeting Abstract

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  • corresponding author presenting/speaker Tanja Richter - Universität Hamburg, Gesundheitswissenschaften, Hamburg, Deutschland
  • author Julia Lühnen - Universität Hamburg, Gesundheitswissenschaften, Hamburg, Deutschland

EbM zwischen Best Practice und inflationärem Gebrauch. 16. Jahrestagung des Deutschen Netzwerks Evidenzbasierte Medizin. Berlin, 13.-14.03.2015. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2015. Doc15ebmP1d

doi: 10.3205/15ebm050, urn:nbn:de:0183-15ebm0500

Veröffentlicht: 3. März 2015

© 2015 Richter et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Auch Menschen mit Demenz haben einen rechtlichen und ethischen Anspruch auf informierte Entscheidungen. Aufgabe von gesetzlichen Betreuern ist die stellvertretende Umsetzung dieses Anspruchs. Ausreichende Kompetenzen hierfür liegen in der Regel nicht vor. Ziel war die Entwicklung und Pilotierung einer Schulung für ehrenamtliche und Berufsbetreuer zu exemplarischen Entscheidungen in der Versorgung von Menschen mit Demenz (perkutane Ernährungssonde (PEG), freiheitseinschränkenden Maßnahmen (FEM), Neuroleptika). Der Nutzen dieser Maßnahmen ist fraglich, es gibt bedeutsame Nebenwirkungen.

Methoden: Auf Basis aktueller Literatur wurden zwischen 8/2013 und 2/2014 halbstandardisierte Interviews mit 12 ehrenamtlichen, 12 Berufsbetreuern und 14 Senioren mit Pflege- /Betreuungsbedarf geführt, um Erfahrungen und Wünsche zu PEG, FEM und Neuroleptika bei Demenz zu eruieren. Die Evidenz wurde aufgearbeitet. Ein entsprechendes Curriculum wurde entwickelt. In Fokusgruppen zwischen 4 und 14 Teilnehmern wurden Teil- bzw. ganze Schulungen durchgeführt, hinsichtlich inhaltlicher oder logistischer Barrieren beobachtet und ggf. optimiert. Verständlichkeit, Machbarkeit, Nutzbarkeit und Akzeptanz wurden ca. 7 Tage nach Schulung mittels standardisierter Telefoninterviews pilotiert.

Ergebnisse: Die Evidenz zu den definierten Entscheidungen ist teilweise unsicher. Betreuer entscheiden nach persönlichen Überzeugungen, Evidenz spielt eine untergeordnete Rolle. In der Gruppe der Senioren dominiert das Vertrauen in ärztliche Anordnungen.

Es wurden 4 Schulungsmodule entwickelt. Inhalt ist jeweils die aktuelle Evidenz sowie interaktive Phasen mit Praxisbezug zu den Schwerpunktthemen: Entscheidungskonzepte, Rollenverständnis, Methodenwissen; PEG; FEM; Neuroleptika.

Es wurden 8 (Teil-) Schulungen mit insgesamt 47 Teilnehmern durchgeführt. Die Akzeptanz war hoch, Verständlichkeit der Inhalte und Materialien wurden positiv bewertet. Der zeitliche Rahmen war eng, teils wurde die Vertiefung einzelner Themen gewünscht. Die Umsetzbarkeit in die Praxis erscheint möglich, eine zeitliche Entzerrung der Schulung jedoch sinnvoll.

Schlussfolgerung: Betreuer nehmen eine bedeutende Rolle in der Gesundheitsversorgung von Menschen mit Demenz ein. Die Erweiterung der Kernkompetenzen im Sinne evidenzbasierter Entscheidungen durch ein strukturiertes Schulungsprogramm erscheint umsetzbar. Ob dieses zu einer Verbesserung der Versorgungsqualität für Menschen mit Demenz führt, sollte in einer RCT überprüft werden.